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a l l e n a n d e r e n W a r e n d e r V o l k s w i r t s c h a f t k e i n
e i n d e u t i g e s i s t ; d a ß d a h e r d e r P r e i s e i n e s G u t e s
a u c h nicht vollkommen rechenbar ist, sondern stets ein irrationa-
les Element enthält. „I Rock = 20 Ellen Leinwand = 20 Mark“ —
dieses Verhältnis, so könnte man einwenden, erscheint doch als ein
eindeutig gerechnetes. Steht aber damit, so antworten wir, der Rock,
stehen die 20 Mark zu allen anderen Gütern der Volkswirtschaft
schon in einem eindeutigen Verhältnisse? Nein! Denn für 20 Mark
kann ich zwar allerlei kaufen, aber nicht jede der betreffenden Wa-
ren zu einem und demselben Preise. Sollen 20 Mark etwa in Mittag-
essen und Wohnungsmiete umgesetzt werden, so kann ich „das-
selbe" Mittagessen im Gasthofe A, B, C oder in Wien und Linz nur
zu abweichenden Preisen kaufen, und ebenso wird die Miete in
Gasthof oder eigener Wohnung nur zu sehr verschiedenen Preisen
zu erlangen sein. Bekannt ist auch die Erscheinung, daß nicht jede
Fabrik für die gleichen Leistungen die gleichen Löhne zahlt, / noch
zahlen kann: die „gleiche“ Arbeitsleistung eines Eisendrehers er-
zielt deswegen in jeder Fabrik einen anderen Preis, weil sie an einer
anderen Stelle des Organismus der Volkswirtschaft steht. (Voraus-
gesetzt, daß nicht durch organisatorische Vorkehrung, z. B. durch
Tarifvertrag, die Löhne ausgeglichen werden.) — Nicht die Gattung
und Güte der Ware, die ich kaufen will, in ihrem allgemeinen Aus-
gliederungszusammenhange, bestimmt den Preis eindeutig, sondern
die volkswirtschaftliche Stelle, an der die konkrete von mir ge-
kaufte Ware steht, ist dafür ausschlaggebend! Es bestätigt sich der
Satz: daß die i n d i v i d u a l i s t i s c h e A n n a h m e , e s k ö n n -
t e n d u r c h W e t t b e w e r b w e n i g s t e n s i d e a l e r w e i s e
d i e P r e i s e a b s o l u t a u s g e g l i c h e n w e r d e n , f a l s c h i s t ;
vielmehr muß wesengemäß jede Ware einen verschiedenen Preis
erzielen, sofern jede ein verschiedenes Glied der Volks- und Welt-
wirtschaft bildet. Nicht der Wettbewerb, sondern nur sein Gegen-
teil, die Organisation, kann die Preise vollkommen ausgleichen —
Kartell, Kollektivarbeitsvertrag sind dafür Beispiele
1
. Und zwar
bewirkt dies die Organisation zunächst gegen die Natur der Wirt-
schaft, die verschiedene Preise verlangt, je nachdem die Ware an
1
Vgl. das Beispiel der durch die Buchhändlerorganisation ausgegliche-
nen Bücherpreise oben S. 35 und 62.