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einer anderen Stelle im volkswirtschaftlichen Ganzen steht. Am

deutlichsten zeigt sich dies daran, daß der Oberleiter einer kommu-

nistischen Volkswirtschaft für die gleichen Schuhe einer Schuhfabrik

in Graz andere Selbstkosten haben würde als in Wien, z. B. infolge

anderer Rohstoffkosten, Frachtkosten, Gründungskosten, „Regie“,

abweichenden Wirkungsgrades von Arbeit und Maschine. — Ein

Ganzes besteht eben überall nur aus Gliedern, damit aber aus Un-

terschiedenem, nicht aber aus Homogenem, nicht aus gleichen

Atomen.

Das nicht erkannt zu haben, ist einer der Grundirrtümer B ö h m - B a -

w e r k s in seiner schon erwähnten Pferdemarktformel, in welcher ihm

heimlich der Börsensensal mit seinem Notizbuche / (enthaltend die „subjek-

tiven Wertschätzungen der Käufer und Verkäufer" in Form der limitierten

Aufträge) vorschwebte. Und in der Tat geht die Preisbestimmung im Schran-

ken häufig so vor sich, wie Böhms Formel will. Der B ö r s e n s e n s a l i m

S c h r a n k e n i s t a b e r e i n O r g a n i s a t o r d e r P r e i s b i l d u n g ,

ähnlich wie der Versteigerungsleiter und alle derartigen Organe. Die Preis-

bildung bei freiem Wettbewerbe ginge ganz anders vor sich — mit vielen

Preisen, nicht mit einem einzigen, mittleren Preise! Daraus folgt: Das

B ö h m - B a w e r k i s c h e „ G e s e t z d e r G r e n z p a a r e " i s t f a l s c h ;

auf dem freien Markte müßte sich der Preis ganz anders stellen — abge-

sehen davon, daß die Voraussetzungen für den Markt, die Böhm-Bawerk

macht, überhaupt nicht zu Ende gedacht werden können, daß sie wider-

spruchsvoll sind und darum der ganze Ansatz seiner Preislehre in der ge-

gebenen Form unbrauchbar ist (wie ich an anderem Orte nachwies

1

). Böhms

Schema ist nicht, wie er meint, ein solches von „äußerster Einfachheit“, das

hinterdrein „auszugestalten" wäre

2

, sondern ein wesenswidriges, weil es die

subjektiven Schätzungen als primäre auffaßt, statt die im Gliederbau der

Volkswirtschaft liegenden Prämissen der subjektiven Erwägungen als das

Erste zu behandeln.

Wenn aber jeder Preis ein besonderer ist, wenn es nur abgestufte

Preise geben kann, folgt daraus, um es in der üblichen individuali-

stischen Ausdrucksweise zu sagen: Es gibt grundsätzlich keinen für

den ganzen Markt gleichen, idealen Wettbewerbspreis, sondern nur

monopoloide Preise. A l l e w i r k l i c h e n P r e i s e s i n d m o -

n o p o l o i d e P r e i s e . Das „Monopol“ kommt da weder von

einem rechtlichen Monopol (wie bei der Eisenbahn) noch von der

Machtstellung und so fort her, sondern zuletzt von der Unwieder-

1

Vgl. mein Buch: Fundament der Volkswirtschaftslehre, 4. Aufl., Jena

1929, § 19, S. 135 ff. und öfter; zum Folgenden auch meinen Artikel Eigen-

nutz im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd 3, 4. Aufl., Jena 1926,

S. 323 ff. — über das Gesetz der Grenzpaare siehe unten S. 153.

2

Eugen von Böhm-Bawerk: Positive Theorie des Kapitals, Bd 1, 4. Aufl.,

Jena 1921, S. 286.