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lehren, die es zu einer genauen Rechenlehre des Wertes und Preises
brachte; endlich die rein mathematischen Theorien.
Die A r b e i t s w e r t l e h r e wird heute allgemein abgelehnt,
dennoch aber leben ihre Fragestellungen und Begriffe in den an-
deren Preis- und Verteilungslehren noch beherrschend fort. Zum
Beispiel finden wir die Ricardo-Marxische Auffassung von „Profit“
und Unternehmergewinn als Restgröße, sowie Zins und Renten
als von dieser Restgröße irgendwie hergeleitet, offen oder versteckt
bis heute in allen Preistheorien; ebenso lebt die mit der Arbeits-
wertlehre eng verbundene falsche Lehre von den „Produktionsfak-
toren“ in allen heutigen Preistheorien fort; endlich und vor allem
auch die Meinung von der Unmöglichkeit einer Wertsteigerung der
Erzeugnisse durch technische Fruchtbarkeitssteigerung.
/
Denn nach Ricardo und Marx wird die Maschine nur abgenutzt, das
Kapital daher nur verrechnet. Geht z. B. bei einem Arbeitsgange 1/
10000
einer Maschine, die 10000 Arbeitsstunden enthält, auf je ein Erzeugnis
über, so erhält dieses Erzeugnis (von der Maschine her) den Wert von
einer Arbeitsstunde. Bringt dieselbe Maschine aber durch eine technische
Verbesserung zwei Erzeugnisse bei einem Arbeitsgange zustande, so erhält
jedes den Wert von einer halben Stunde — der Gesamtwert der Hervor-
bringnisse hat sich nicht erhöht. Die gleiche Fragestellung und die gleiche
Antwort findet sich aber auch in der Grenznutzenlehre: der Wert der
Kostengüter leitet sich von dem der Genußgüter ab. Wenn man also z. B.
mit einer Maschine dieselbe Gütermenge hervorbringt wie früher mit
zweien, so hätte sich in den Wertgrößen nichts geändert, da sich nur vom
Werte der gleichen Genußgüter der Wert der Kostengüter ableitet.
Eine Kritik der Arbeitswertlehre aus ihren eigenen inneren Schwierig-
keiten und Widersprüchen heraus ist heutzutage nicht mehr nötig, da sie
allgemein abgelehnt wird. Das Wesentliche darüber führte ich übrigens
andern Ortes aus
1
.
Die G r e n z n u t z e n l e h r e hat in Deutschland nie Wurzel
geschlagen, trotzdem sie an eine zahlreiche deutsche Nutzwertschule
anknüpfte. Adam Müller, Bernhardi, sogar die deutschen Smithia-
ner, z. B. Hermann, später Schäffle, Komorczynski und andere
lehnten den mechanischen Wertgedanken Smithens ab und suchten
die Wurzel des Wertes richtig im Nutzen. Aber sie brachten es zu
keiner Wert- und Preisrechnung. Diese versuchte die Grenznutzen-
1
Vgl. mein Buch: Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre, 23. Aufl.,
Leipzig 1933, S. 81 f. [25. Aufl., Heidelberg 1949, S. 87 ff.]. (Schwierigkeit der
verschiedenen Länge der Umschlagzeiten bei verschiedenen Gütern: Vorrang
der Leistung oder Zielerreichung vor dem Arbeitsaufwande; Schwierigkeiten
des Arbeitsbegriffes selbst).