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Ausdruck, niemals aber dieses selbst. Nicht der Umstand ist das

Wesentliche, daß wir den Staat gemeinsam haben und damit die

Gesetze, das Recht, und die dadurch gestalteten Lebensgewohnheiten;

auch nicht etwa die wirtschaftliche Gemeinsamkeit, die Gemeinsam-

keit des Handelns, ist entscheidend; sondern die geistige Gemein-

schaft, die wir Deutsche unter uns bilden, die uns allüberall verbin-

det, ganz gleichgültig, wo wir wohnen und wann wir leben oder

gelebt haben — sie ist das Ausschlaggebende. Von Schweizerheit

(wenn ich so sagen darf), von Preußenheit, Baltenheit, von Reichs-

bürgerlichkeit usw. unterscheiden wir uns, indem wir Deutsche

schlechtweg sind. Keine staatliche Gemeinsamkeit also, keine wirt-

schaftliche Gemeinsamkeit, kein Klima ist es, es sind nicht irgend-

welche Gegenden des Globus, was selber „Volkheit“ ausmacht. Son-

dern eine Geistesart, eine bestimmte Weise des Fühlens und Den-

kens, Empfangens und Gestaltens, eine bestimmte Richtung unseres

Gemütes und Wollens ist es, die uns jene bevorzugte geistige Gemein-

samkeit mit den Volksgenossen gibt, welche das „Volkstum“ aus-

macht. Staat, Recht, Wirtschaft, Klima, sogar Sprache können da-

gegen Gemeinsamkeiten begründen, die wir auch mit den Nicht-

volksgenossen, den Andersgeistigen, Andersempfindenden teilen.

Aber w e l c h e geistige Gemeinschaft liegt denn im Volkstum

beschlossen, auf welcher beruht es?

Natürlich kann es nicht eine nebensächliche, eine beliebige, es muß

eine grundlegende, umfassende Gemeinschaft sein. Sämtliche Schmet-

terlingsammler z. B. sind geistig enger miteinander verbunden als

mit anderen Leuten, die keine Schmetterlinge sammeln. Doch eine

Verbindung solcher Art kann selbstverständlich nicht in das innere

Wesen jener geistigen Gemeinschaft, die das Volkstum ausmacht, ein-

gehen; denn Schmetterlinge zu sammeln gehört nicht zu den

G r u n d i n h a l t e n des geistigen Lebens, der Volkskultur. J e n e

g e i s t i g e G e m e i n s c h a f t , d i e d a s V o l k s t u m a u s -

m a c h t , m u ß a u f d i e G r u n d l a g e n d e s g e i s t i g e n

L e b e n s g e h e n , a u f d i e G r u n d f r a g e n d e s G e i s t e s ,

a u f d a s g e i s t i g L e b e n s w e s e n t l i c h e . D i e s e n w e -

s e n t l i c h e n I n h a l t d e s G e i s t e s n e n n e n w i r K u l -

t u r i n h a l t. Die „Kulturinhalte“ sind es also, die durch das Volks-

tum in ihrer Eigenschaft bestimmt werden oder, umgekehrt, das Be-

stimmende des „Volkstums“ ausmachen.