Table of Contents Table of Contents
Previous Page  3446 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3446 / 9133 Next Page
Page Background

12

dener Weise. Nach Mommsen muß man sich die Karthager überaus

und widerlich händlerisch vorstellen; sie waren ein Volk, das bei

seinen Handelsfahrten nicht einmal staatliche Niederlassungen und

Siedlungen gründete, sondern nur Faktoreien zu errichten vermochte.

So wurde die ganze europäische Küste bis hinauf zum Bernsteinland

wohl ein Kaufmannsladen für die Karthager — aber kein Siedlungs-

gebiet! Wie anders die Engländer! Überall haben sie Siedlungen ge-

gründet, staatenähnliche Gebilde, Kolonialstaaten, Ausbeutungs-

staaten, überall haben sie sich zugleich schonend und unvertreibbar

in das Leben der Eingeborenen eingenistet, überall begannen sie

irgendeine Art staatlichen Zusammenlebens. Die Karthager dagegen

waren reine Händler. Daß sie kein aufbauendes Staatsgefühl hatten,

das ist auch der Grund, daß sie den Römern unterlagen (Hannibal!).

Sie waren unendlich viel mächtiger als die Römer und hätten drei

Römerreiche zertrümmern können — dennoch mußten sie dem rö-

mischen Staate unterliegen. Die Engländer dagegen sind heute die

Herren der Welt. Zwei Handelsvölker also, die äußerlich ähnlich

leben, aber eine ganz verschiedene innere Richtung, das heißt eine

verschiedene Volkheit haben.

Oder denken wir an Hirtenvölker, nicht gerade an Nomaden,

sondern an Viehzucht treibende Völkerschaften. Es gab ihrer gar

viele: und doch hat nur eines unter allen, nämlich das Volk der Grie-

chen, gerade eine Odyssee hervorgebracht!

Betrachten wir weiter ausgesprochene Staatsvölker! Es gibt Völker,

die für das Staatliche eine besondere Fähigkeit haben. Die drei klas-

sischen Beispiele dafür sind: die Iraner-Perser (als Einheit gefaßt),

die Römer und die Preußen. Diese drei Staatsvölker sind dennoch

unendlich verschieden durch die verschiedene völkische Artung ihrer

Staatsauffassung.

Die Iraner-Perser, die uns Deutschen sehr nahe stehen (innerlich

verwandt übrigens auch dem Spartanischen), schufen ein großes Im-

perium in seiner Art, das erste im hellen Lichte der Weltgeschichte;

sie schufen es als einen s t ä n d i s c h g e g l i e d e r t e n Staat,

einen Staat mit Lehensverleihung. Das vermochten Griechen und

Römer nicht in gleicher Weise. Die Griechen und besonders die Rö-

mer haben den Staat individualistisch gefaßt, nicht ständisch, nicht

organisch aufgebaut, sondern sozusagen atomisiert. Sie hatten in ihrer

späteren Entwicklung einen mehr „demokratischen Staat", worin