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Sinne, im Sinne einer doppelten Gliederung, nämlich nach Unter-
teilungen und nach dem Maße der Anteilnahme.
1. Volkstum als „Gemeinschaft“ ist ein geistiger Organismus, eine
geistige Ganzheit, die in sich selbst wieder in Teile, in Unterganz-
heiten, sich ausgliedert: die verschiedenen T e i l v o l k h e i t e n
o d e r S t a m m e s t ü m e r als eigene geistige Untereinheiten des
Volkstums. Das deutsche Volk ist besonders reich an solchen kräf-
tigen Teilvolkheiten, welche erst zusammen die allgemeine Einheit
des Gesamtvolkstums ergeben. Die Österreicher z. B. sind das mu-
sikalische Teilvolk der Deutschen. Sie sind zweifellos die musi-
kalischeste Abart innerhalb des Deutschtums, ja, sie sind, in alter und
neuer Zeit, das eigentliche Musikvolk der Welt. Dort, wo Haydn,
Mozart, Schubert, Bruckner geboren wurden, dort steht die goldene
Wiege der Musik. Die Schwaben dagegen sind das eigentliche Volk
der Grübler und Denker unter uns. Sie haben uns Schelling und
Hegel, Hölderlin, Schiller, Uhland, Mörike geschenkt — selbst ihre
Dichter sind „Dichterphilosophen“. Man denke nur an Schiller. Die
Thüringer wieder sind unter uns der philosophisch-religiöse Stamm:
Meister Eckehart, Luther, Novalis sind Thüringer. Die Preußen sind
durch Festigkeiten ausgezeichnet, die Strengen, die Sittlichen, daher
das eigentliche Staatsvolk unter den Deutschen. (Manches erscheint
den musikalischen Süddeutschen dort zu schroff.)
Die Stammestümer sehen wir abermals in kräftiger Gliederung
nach Einheiten, die wir Unterstämme oder H e i m a t s k r e i s e
nennen können und die gleichfalls nicht so sehr in ihrer geographi-
schen und blutlichen als vielmehr in ihrer geistigen Eigenart verstan-
den werden wollen. So gliedert sich das bajuvarische Stammestum in
Altbayern, Tiroler, Kärntner, Steirer usw. (denn die Österreicher sind
ein Pflanzvolk der Bayern), das schwäbisch-allemannische Stammes-
tum in Schwaben, Schweizer, Badenser, Elsässer, das fränkische in
Mainfranken, niederrheinische Franken, ähnlich das niedersächsisch-
preußische Stammestum und das thüringisch-obersächsische wie das
schlesische.
So schön und unentbehrlich für echt völkisches Leben die Liebe
zur Heimat ist, so verhängnisvoll kann sie werden, wenn sie über-
trieben wird, in Eigensucht ausartet und vergißt, daß Heimat nur
auf dem Mutterboden des Volkstums Heimat sein und bleiben kann.
Wohin es führt, wenn man das Ganze vergißt und den Teil behält,