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gestiegen seien als die gesamte Goldproduktion (ein Argument, das

theoretisch allerdings nicht voll ins Gewicht fällt, weil das größere

Wachstum der Konjunktur auch als Folge überhoher Preise aufgefaßt

werden kann)

1

. Zur Vervollständigung dieser Einwände bedarf es meines

Erachtens noch der Festhaltung jenes Gesichtspunktes, den

F r i e d r i c h v o n W i e s e r nachdrücklich betont hat

1 1 2

, daß es

sich nämlich nicht einmal direkt um das Verhältnis des neu

hinzukommenden Geldmetalls zum alten, sondern um die mit dem neu

hinzukommenden Gelde bewirkte „Verschiebung der gesamten durch

das Welteinkommen gegebenen K a u f k r a f t “ handelt, das heißt aber:

um den Druck auf die Realeinkommen, deren Umsetzung durch die

Zirkulation vermittelt wird, in der ganzen Weltwirtschaft. Diese

Realeinkommen, die hinter dem Gelde stehen, sind aber ungleich größer

als die Summe der baren Zirkulationsmittel, und ihre Umsätze werden zu

bedeutenden Teilen durch Kredit (der sich ja dem Bedarfe anpaßt)

bestritten. Man darf eben beim Goldzuflusse nicht allein an den

K o n s u m e n t e n denken, dem unverhofft Geld in die Tasche

gezaubert wird; dann erscheint die Bedeutung der Geldvermehrung für

die realen Wirtschaftsverhältnisse weit geringer. —Daß übrigens billiges

Geld die Tendenz hat, die Warenpreise zu erhöhen, muß zugegeben

werden. Eine Ware zum Preise von 100 gegen vierteljährlichen Wechsel

zu 4% Diskont ergibt einen Erlös von 99; gegen 2°/o Diskont hingegen

von 99 1/2: der Realpreis der Ware ist also gestiegen. Ob aber dauernd,

wird noch von Konkurrenz und Geschäftslage abhängen. Allein was nützt

eine

solche

Erklärung

der

Preissteigerung,

wenn

die

Wirtschaftsgeschichte fast immer in Teuerungszeiten h o h e n

Darlehenszinsfuß, teuren Kredit zeigt? Also statt Goldüberflusses ein

Zurückbleiben der Bar- und Kreditmittel hinter dem Bedarfe!

1

Nach H e r m a n n S c h w a r z w a l d : Goldproduktion und Teuerung,

in: Handelsmuseum, Wien 1912, Nr. 10, 7. März 1912, stieg 1900—1910 der

Spezialhandel der 12 wichtigsten Handelsländer der Welt (Großbritannien,

Deutschland, Vereinigte Staaten, Frankreich, Holland, Belgien, Österreich,

Rußland, Italien, Schweiz, Argentinien, Japan) in der Einfuhr 54,7°/o, in der

Ausfuhr um 50,5%, die Produktion von Roheisen in den Vereinigten Staaten,

Großbritannien und Deutschland um 67,1%.

2

F r i e d r i c h v o n W i e s e r : Der Geldwert und seine Änderungen,

Referat für die Generalversammlung des Vereines für Socialpolitik, Leipzig 1909,

S. 147 f.