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besonders die größere Ergiebigkeit der Arbeit in den Kulturländern hervorgehoben — eine
Erklärung, die aber nur die Wohlstandsunterschiede zweier Nationen (insbesondere die
Verschiedenheit der Reallöhne als Bestandteile des Wohlstandes), niemals aber die
arithmetische Verschiedenheit des P r e i s niveaus erklärt, weil das wohlhabendere Land
(mit relativem Güterüberfluß) größere Billigkeit vermuten lassen sollte, statt dessen aber
stets die teueren Preise aufweist. W i c k s e l l
1
, einer der ganz wenigen Neueren, die sich
mit dem Problem beschäftigen, kommt zu dem merkwürdigen Ergebnisse, daß die moderne
Verbesserung aller Transportmittel zu einer allmählichen Ausgleichung der bisherigen
Niveauverschiedenheiten führe. Soll die Erklärung ihrer E n t s t e h u n g so wieder auf die
Quantitätstheorie abgewälzt werden?
D a s S c h e i n h a f t e d e r s t e i g e n d e n P r e i s e b e i
s t e i g e n d e m W o h l s t a n d e ist in der Tat ein Problem, das uns
die Preisgeschichte entschieden aufdrängt, das aber theoretisch bisher
meines Wissens seit S m i t h kaum beachtet wurde.
Die einzige Ausnahme bildet von W i e s e r s Theorie, wonach durch
Auflösung der Naturalwirtschaft infolge „Verlängerung der Liste der in
Geld kontrollierten Kosten“, das heißt infolge voller gesteigerter
Kostenanrechnung der Geldwirtschaft statt unvollständiger beim mehr
gelegentlichen Naturaltausch sich eine allgemeine Verteuerung der
Waren ergibt
1 1 2
. Danach erlangen die Preiserhöhungen bei aufsteigender
geldwirtschaftlicher Entwicklung einen allgemeinen gültigen Charakter,
und mit Recht hat vonW i e s e r versucht, damit nach einer bestimmten
Seite hin insbesondere die Preisrevolution des 16. Jahrhunderts zu
erklären, die ja durch die erhöhte Edelmetallproduktion schon deswegen
niemals ganz aufzulösen ist, weil sie ein Jahrzehnt früher einsetzte als
diese (ca. 1510 statt ab 1520).
Indessen vermag auch diese an sich gewiß richtige und einleuchtende
Theorie allgemeine Preissteigerungen in schon hoch entwik-
1
Knut Wicksell: Geldzins und Güterpreise, Jena 1898, S. 148 f.
2
F r i e d r i c h v o n W i e s e r : Der Geldwert und seine geschichtlichen
Veränderungen, in: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd 13,
Wien 1904, S. 64: Die Preise erhöhen sich, „so oft neue Elemente in den geldwirtschaftlich
kontrollierten (das heißt vorher naturalwirtschaftlich durchgeführten, der Verf.)
Abschnitt des Produktionsprozesses aufgenommen wurden.“ — Vgl. ferner von
demselben Verfasser: Der Geldwert und seine Veränderungen, Referat für die
Generalversammlung des Vereines für Socialpolitik, Leipzig 1909, S. 151: „Alle ...
Ausdehnungen des geldwirtschaftlichen Prozesses haben das Eigentümliche, daß sie neue
Elemente in die Kostenrechnung einbeziehen, die vorher nicht in dieser enthalten waren,
sondern naturalwirtschaftlich erledigt wurden. Die in Geld anzuschlagende Liste der
Kosten wird verlängert. . .“