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Die Naturgesetzlichkeit der Wirtschaftsvorgänge gehört not-

wendig zur individualistischen Wirtschaftsauffassung. Und sie war

den alten klassischen Zeiten ebenso selbstverständlich wie dem Neu-

klassizismus eines Menger und Cassel.

Die entscheidende Aufgabe lag nun für die individualistische

Wirtschaftstheorie darin, eine Theorie des Tausches, das heißt eine

Wert- und Preistheorie auszubilden. Die W e r t - u n d P r e i s -

t h e o r i e w u r d e i n d i e M i t t e d e s S y s t e m s g e -

s t e l l t . Von Adam Smith, David Ricardo, John Stuart Mill bis

zu Carl Menger und Gustav Cassel finden wir überall den gleichen

Systemgedanken, überall die Wert- und Preistheorie in der Mitte

des Begriffsgebäudes!

Die Versuche, die zur Durchführung der Aufgabe gemacht wur-

den, sind bekannt. Smith und noch bestimmter Ricardo sagt: der

Preis bestimme sich nach dem Arbeitsgehalte, der in den Gütern

stecke. Wert ist gefrorene Arbeit. Diese Lehre wird heute allgemein

abgelehnt und ist als überwunden zu betrachten, trotzdem Marx

auf ihr aufbaute. Die österreichische Schule unter Mengers Führung

wollte die Aufgabe auf anderem Wege lösen, auf dem Wege der

Psychologie der Wertschätzung. Daraus entstand die Grenznutzen-

lehre, die als Preistheorie im „Gesetz der Grenzpaare“ von Böhm-

Bawerk gipfelte. Ich habe in meinem „Fundament der Volkswirt-

schaftslehre“ (§ 19) nachgewiesen, daß dieses sogenannte „Gesetz

der Grenzpaare“ falsch ist. Im übrigen kann auch die ganze Grenz-

nutzenschule heute als erledigt gelten. Man muß sagen, daß es den

individualistischen Schulen nicht gelang, eine stichhältige Wert-

theorie auszubilden. Nun bleibt noch der Weg, die Wertlehre aus-

zuschalten. Ihn ging unter anderen Gustav Cassel. Cassel will keine

Werttheorie, weder jene, die von der Arbeit, noch jene, die von der

psychologischen Schätzung ausgeht. Er will einfach die Mengen, die

sich auf dem Markte treffen, miteinander in Beziehung setzen

(Knappheitsgrundsatz). Es wäre aber ein Leichtes nachzuweisen,

daß das mathematische Formelsystem, auf das Cassel seine Preis-

theorie gründet, auf einer Tautologie beruht und daher mindestens

nichtssagend ist. Es ist aber auch aus anderen Gründen fehlerhaft,

vor allem, weil gewisse Güter gar nicht quantifizierbar sind. Der

Erfindergedanke (Patent), der Handelsvertrag, um nur einige Bei-