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(Preis, Geld usw.) entstehen. Die Wert- und Preistheorie wird da-

durch zur Mitte des Systems der Volkswirtschaftslehre: daß sie zur

Grundlage der „Verteilungstheorie“ wird. Denn im Tausche auf

dem Markte vollzieht sich die Verteilung. Wie die Preisbildung die

Bedingung der Erzeugung ist (wodurch die Erzeugungslehre in

Preislehre aufgeht); so auch der Inbegriff der Verteilung. Denn

wer die Waren kauft, der hat sie, das heißt an den wurden sie —

auf Grund der Preisgesetze — verteilt. Die Theorie der Verteilung

ist daher nur angewandte Preistheorie, nur Sonderpreistheorie. Die

Sonderpreistheorie sagt uns, wie jene Sonderpreise, in denen sich

die Einkommen bilden, zustande kommen. Je nachdem es sich um

den Verkauf von Grund und Boden, Kapital oder Arbeit handelt,

entstehen nach dieser Auffassung die drei Einkommensarten oder

sogenannte „Verteilungsströme“ nämlich der Grundrente, des Ka-

pitalzinses (und Profites, Unternehmergewinnes) und des Lohnes.

Von der P r e i s b i l d u n g a u s w e r d e n a l l e W i r t -

s c h a f t s v o r g a n g e e r k l ä r t — d a m i t i s t d e r s y -

s t e m a t i s c h e A u f b a u a l l e r i n d i v i d u a l i s t i s c h e n

T h e o r i e n b e z e i c h n e t .

So wenig die Preis- und Verteilungslehre bei Ricardo und Marx

befriedigt, sowenig ist sie Menger, Böhm-Bawerk oder auch Cassel

gelungen. Welche Vorbehalte und Einklammerungen aber man auch

versuchte, den Systemgedanken, das heißt den Ausgangspunkt von

Eigennutz und Preistheorie suchte man dennoch überall aufrecht zu

erhalten. Je mehr die Theorien ausgebildet wurden, um so weniger

stimmen sie. (Wenn schon bisher keine Preistheorie gelang, wie

sollte daraus je eine richtige „Verteilungstheorie“ werden?) Aber

der Systemgedanke des Individualismus bleibt immer nur die Preis-

theorie und anschließend die Verteilungstheorie.

Die Wirtschaftspolitik, die sich daraus ergibt, sehen wir schon

deutlich bei Quesnay. Als ihn der König, dessen Leibarzt er war,

fragte, was in der damaligen schlimmen Wirtschaftslage Frankreichs

zu tun sei, antwortete er: „Nichts, Sire“. Das entsprach dem Grund-

satze: laissez faire, laissez passer, le monde va de lui même. Sub-

jektive Wertungen waren für diesen Grundsatz nicht maßgebend.

Wie jede andere entspringt auch die liberale Volkswirtschaftspolitik

aus der Wesensanalyse der wirklichen Wirtschaftsvorgänge. Erst auf

ihrer Grundlage kann und muß ein wirtschaftspolitisches Ideal auf-