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spiele zu nennen, sind nicht quantifizierbar
1
. Ganz allgemein ist
noch zu sagen, daß der Grundgedanke des mathematischen Ver-
fahrens nicht durchführbar ist. Denn es beruht auf der Voraus-
setzung: daß einzelne Größen selbständig variierbar seien, während
alles andere gleichbleibt (das „ceteris paribus“). Das ist aber für die
Wirtschaft durchaus begriffswidrig. Wenn z. B. Eisen in doppelter
Menge auf den Markt kommt, dann ist es unmöglich, daß alles
andere gleich blieb und nur das Angebot von Eisen sich verdoppelte
(so daß die Annahme: „Verdoppelung des Angebotes bei gleichblei-
bender Nachfrage“ möglich wäre). Denn um das doppelte Eisen-
angebot zu ermöglichen, mußte doppelt soviel gefördert, verhüttet,
verfrachtet, doppelt soviel Lohn gezahlt werden usw. Das heißt
aber zuletzt: die ganze Volkswirtschaft ist verändert worden, um
doppelt soviel Eisen zu erzeugen. Während man in der Physik
z. B. annehmen kann, daß sich nur das Volumen ändert, woraus
die Änderungen von Druck und Temperatur als mathematische
Funktionen (Abhängige) folgen, ist ein derartiges Verfahren in der
Volkswirtschaftslehre unmöglich. Man darf hier die Annahme iso-
lierter Veränderung eines einzigen Faktors ebensowenig machen,
wie etwa in der Atmungsphysiologie die Annahme des Atmens im
luftleeren Raume gemacht werden kann. Beide Annahmen sind
nicht etwa „weitgetriebene Abstraktionen“ sondern w e s e n s -
w i d r i g e Abstraktionen.
Jedoch handelt es sich hier nicht um eine Kritik, sondern nur
darum, an einem Beispiel zu zeigen, daß der Individualismus not-
wendigerweise kausalmechanisch denken und schließlich in Mathe-
matik enden muß. Er kann von der Voraussetzung des Eigennutzes
nicht abgehen. Die Neuklassiker möchten das gerne verschleiern und
den „Gemeinnutz“ oder andere „Motive“ mit hinzu treten lassen.
(Adolph Wagner und andere). Dann würde aber die Theorie
schlechthin unmöglich, denn das e i n d e u t i g e Verhalten der
Wirtschaftsatome, der Individuen, wäre dahin.
Kehren wir zur Grundtatsache der Wirtschaft nach individuali-
stischer Auffassung zurück, zum Aufeinandertreffen der Wirtschaf-
ter auf dem Markte, wodurch die Urerscheinungen der Wirtschaft
1
Vgl. die Kritik Cassels von Schams in: Jahrbücher für Nationalökonomie
und Statistik, Bd 125, Jena 1927, S. 385 ff.