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aufweist. Der Viehstand verhält sich also umgekehrt wie die Bevölkerungsdichte, er wird

bei immer dichterer Bevölkerung und immer intensiverer Landwirtschaft immer

unzureichender; daran kann auch die Erhöhung des Lebendgewichtes nichts ändern

1

. Nach

S t e p h a n B a u e r war der Viehstand Europas um 1900 gleich 100 gesetzt im Jahre 1910:

104.4 für Rinder, 95 für Schafe, 112.9 für Schweine, während die Bevölkerung auf 113.2

wuchs. (Dagegen China, Japan: viehlos!)

Österreich zeigt gegenwärtig ein entsprechendes Bild. Der Rindviehstand stieg stets (von

1881 bis 1890 um 0.7 Prozent, von 1890 bis 1900 um 10 Prozent), nur die letzte Viehzählung

(1910) zeigt eine Abnahme um 3.74 Prozent. (Die Zählung 1902 ziehe ich als zu fehlerhaft

nicht in Betracht.) Da aber die Futternot 1904 und 1905 sowie Seuchen den Viehstand

zweifellos weit mehr als um

3.8

Prozent dezimiert hatten, so ist trotzdem wieder eine aufsteigende, freilich

unzulängliche Bewegung anzunehmen. Nur scheinbar gegen midi spricht der Umstand, daß

1910 trotz der Abnahme im Ganzen, eine Zunahme gerade in den intensiven Zonen stattfand:

in Niederösterreich um 0.4 Prozent, in Böhmen um 1.4 Prozent und in Mähren um 1.5

Prozent. Hier spricht sich eben dasselbe ab wie nach der obigen Tabelle in Deutschland: trotz

der absoluten Zunahme ein Rückgang im Verhältnis zur Bevölkerung. Es entfallen auf 100

Einwohner Stück Rindvieh

1900

1910

in Niederösterreich............................................19.6 17.2

in Böhmen......................................................... 35.7

33.8

in Mähren.......................................................... 32.4

30.5

Dabei wären diese wie auch alle anderen Ziffern unserer Viehzählung noch ungünstiger,

wenn nur das landwirtschaftliche Nutzvieh, ohne Verbindung mit der landwirtschaftlichen

Großindustrie (Molkereien, Brennereien, Zuckerfabriken), zu Grunde gelegt würde. Das

preisgeschichtliche Gegenstück zu diesen statistischen Daten haben wir oben schon kennen

gelernt: Die Viehpreise müssen mehr steigen als die Getreidepreise.

Eine weitere wichtige Einschränkung erfährt der obige, rein theoretische Gedankengang

dadurch, daß gewisse Gebiete infolge ihres Klimas und der sonstigen natürlichen

Produktionsbedingungen zu intensiven Betriebssystemen schwer oder gar nicht übergehen

können. So unsere Alpen und Gebirgsgegenden; da ist die Weide- oder Graswirtschaft das

natürlich gegebene und der intensivsten volks wirtschaftlichen Förderung wert. (Ähnlich die

Marschen in Niederdeutschland.) Das ist praktisch gewiß von großer Bedeutung. Leider darf

man aber auch hier die Hoffnungen nicht überspannen. Die Viehzucht in unseren Alpen ist

sowohl historisch wie tatsächlich mit Notwendigkeit auf die Milchviehnutzung, nicht aber

auf die Mastviehnutzung gerichtet. Schon das Weiden auf den Bergen ist der Mästung nicht

zuträglich, ergibt aber eine gesunde, widerstandsfähige und genügsame Rasse, welche das

Futter gut ausnützt. Aus diesen Gründen ist aber die alpenländische Viehzucht auch zur

Lieferung billigen Jungviehs, welches z. B. den mährischen Branntweinbrennereien und

Zuckerfabriken, sowie anderen Betrieben

1

Ziffernmäßiges Material hiefür bei C a r l S t e i n b r u c k : Die Entwicklung des

Viehstandes während der letzten Dezennien in den hauptsächlichsten Staaten Europas, in:

Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd 40, Jena 1910.