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Produzent, nur eine Maschine, nicht selbst Erzeugungsziel. Die Wechselwirkung zwischen
Viehhaltung und der übrigen Wirtschaft besteht darin, daß der produzierte Dünger die
Roherträgnisse des Ackerlandes steigert. Daß darin der finanzielle Effekt der Viehhaltung
liegt, ergeben ziffermäßige Nachweise Dr. O s t e r m a y e r s aus den Daten der
Buchhaltungsstelle des mährischen Landeskulturrates — glänzende Bestätigungen der T h ü
n e n schen Sätze
1
. Die Viehhaltung dient damit allerdings der Intensivierung der
Feldbauwirtschaft, ist aber doch kein selbständiger Wirtschaftszweig derselben, sondern nur
eine Hilfsproduktion. Mit fortschreitender Intensivierung der Landwirtschaft wird das Vieh
auf diese Weise zum bloßen N e b e n p r o d u k t , dessen Haltung ökonomisch sogar als
notwendiges Übel (weil sie eben ein extensiver Wirtschaftszweig ist) empfunden wird. Es
wird also klar, inwieferne „Förderung der Viehproduktion“ und „Förderung der
Landwirtschaft“ trotzdem zwischen beiden ein innerer Widerspruch herrscht, sich praktisch
in gewissem Maße doch nicht ganz ausschließen. Nämlich indirekt, indem der intensivere
Betrieb auch mehr Vieh zur Düngerproduktion hält.
Die Intensivierung des Feldbaues kann so wohl eine Hebung der Mastviehhaltung
bedeuten, nicht aber kann die Viehzucht als selbständiger Produktionszweig dabei
entwickelt und gehoben werden. Auf diese Weise erklärt es sich leicht, daß alle Länder mit
rasch fortschreitender Landwirtschaft, wie Deutschland, ihren Viehbestand zwar heben
können, aber — notwendig immer nur unzureichend!
Hiefür einige statistische Belege. Nach einer Berechnung von B o t z o w
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kamen in
Deutschland (1883) an Gesamtviehstand in Gebieten mit:
Einwohner per
Quadratkilometer
100 bis 150
150 bis 200
200 bis 500
500 bis 1000
über 1000
Stück Vieh
auf 100 Einwohner
45.2
32.9
31.3
9.8
4.4
Dagegen auf den
Quadratkilometer
48.8
Stück
50.1 Stück
63.7 Stück
74.9
Stück
832.0 Stück
Bei Gebieten mit 100 bis 150 Einwohnern kommen sonach 45 Stück Vieh auf je 100
Einwohner, bei solchen mit über 1000 nur 4 1/2, trotzdem ein Quadratkilometer Fläche im
letzteren Falle über 800, im ersteren nicht einmal 50 Stück
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A d o l p h O s t e r m a y e r : Untersuchungen über die Ertragsfähigkeit der
mährischen Bauernbetriebe, Brünn 1911. Als Folgerung aus Tabellen heißt es dort (S. 54): Der
höchste Reinertrag ergibt sich bei den Betrieben „mit dem höchsten Anteil der
Bruttoeinnahmen aus dem Feldproduktenverkaufe“, der „niedrigste Reinertrag (bei den
Betrieben) mit dem geringsten Anteil der Bruttoeinahmen aus dem Feldproduktenverkaufe“.
„Der günstigste finanzielle Effekt der Futterbau- und Viehhaltungssteigerung... ist auf
gesteigerten Einnahmenanteil aus pflanzlichen Produkten, also auf erhöhtem Feldbau,
begründet", der sich als Ergebnis der Vermehrung des Dunges darstellt. — A d o l p h
O s t e r m a y e r : Landwirtschaftliche Betriebsfragen im Lichte von Produktionskosten, in:
Thü- nen-Archiv, Organ für exakte Wirtschaftsforschung, Jena 1912, S. 618, 624 und 631 ff.
Ziffernmäßiges Ergebnis (S. 633): Der Reinertrag der Wirtschaften wird in der Ebene von den
Getreidepreisen, im Gebirge von den Viehpreisen in erster Linie beeinflußt.
2
Zitiert bei P a u l K o l l m a n n : Artikel Viehzählungen, in: Handwörterbuch
der Staatswissenschaften, Bd 8, 3. Aufl., Jena 1911, S. 355 ff.