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II.

Die zweite und dritte Stufe: Begriffliche und sinnliche Erkenntnis

Die zweite Stufe der Erkenntnis, die Erkenntnis aus den Ideen,

wurde zwar schon berührt, doch müssen wir sie als begriffliche, von

den Ideen abgeleitete, hier nochmals kurz behandeln, um das Ver-

hältnis der drei Stufen zu klären.

„Erkennt die Seele Gott in den Kreaturen (also auf Grund von Sinnesein-

drücken), das ist ein Abendlicht. Aber der die Kreaturen in Gott erkennt (als

Ideen in Gott), das ist ein Morgenlicht. Daß sie (die Seele) aber Gott erkennt,

wie er alleine in sich Wesen ist, das ist der lichte Mittag.“

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Hiermit kennzeichnet Meister Eckehart wieder die drei Stufen

oder Arten der Erkenntnis: die mystische, welche als die höchste

der „lichte Mittag“ ist; die „Erkenntnis der Kreaturen in Gott“

oder, wie er in der 56. Predigt sagt, der „Kreaturen als Gabe Got-

tes“, die Ideenerkenntnis, das „Morgenlicht“; endlich die äußere,

sinnliche Erkenntnis oder, wie es in der 56. Predigt heißt, die

Kreaturen, die Dinge, als „Wein, Brot und Fleisch“, also nur äußer-

lich, das „Abendlicht“.

Gehen wir zur Erkenntnis „im Morgenlichte“, zur ideenhaft be-

grifflichen Erkenntnis über, so haben wir zuerst zu' erklären, wie

Eckehart sagen könne, sie erkenne die Kreaturen „als Gabe Gottes“.

Der heutigen Logik ist die begriffliche Erkenntnis dasselbe, was sie

nach Eckehart damals den „kleinen Meistern“, nämlich den Nomi-

nalisten war. Sie erklärt z. B. die Erkenntnis eines Baumes als

„Eiche“ für eine „Abstraktion“ aus vielen Sinneseindrücken. Der

abstrakte „Allgemeinbegriff“, z. B. „Eiche", ist ihr das vielen ein-

zelnen Bäumen G e m e i n s a m e . „Eiche“ also nur ein N a m e

für viele einzelne Bäume (daher „Nominalismus“). Für Eckehart

und die augustinisch-aristotelische Scholastik war aber die Grund-

lage des Allgemeinbegriffes die platonische Idee, eine transzendente

Macht, die sich in den Dingen d a r s t e 11t, die Gattungen und

Arten hienieden begründet. (Seit Augustinus wurden die drei Ideen

deutlich als die Gedanken Gottes, die natürlich schöpferische Macht

haben, aufgefaßt). Die echten Gattungsbegriffe haben darnach also

eine schöpferische Wurzel, sie sind nicht bloß „Namen“, Abstrak-

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Meister Eckehart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, Göttingen 1924, Predigt

LXXXII, S. 263, Zeile 23.

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