338
Tage als im Falle der mengenhaft-mechanistischen Natur an sich.
Denn die Natur kommt der Zurückführung auf bloß mengenhafte
Merkzeichen (Indizes) soweit entgegen, daß dieses Verfahren, ob-
wohl es den Gegenstand nicht erschöpft, Erfolge zeitigt; dagegen
sind im Seelischen Mengen überhaupt nicht anzutreffen, denn alles
zeigt sich in sinnvollen Zusammenhängen, aus Gliederung und Um-
gliederung der Ganzheit allein zu verstehen (was sogar für die
Volkswirtschaftslehre zutrifft, wo Güter m e n g e n , Arbeits-
m e n g e n nur abgeleiteterweise gelten).
Daraus folgt
3.
Das menschliche Ich w i r d nur am anderen Ich; darin kommt
ein gliedhaftes Enthaltensein des einzelnen Geistes in der Gemein-
schaft zutage; und diese Gliedhaftigkeit wieder beweist ein ganzheit-
liches Gefüge des Seelenlebens, welches die Befaßtheit oder Rückver-
bundenheit in der höchsten Überganzheit, Gott, notwendig fordert
(mystischer Seelengrund).
Nicht nur der sensualistische, auch der positivistische Irrtum
muß überwunden, es muß auch die Einsicht in die metaphy-
sische Grundwesenheit der Seele wieder gewonnen werden.
Das alles klingt dem heutigen, am Positivismus verarmten Den-
ken fremd; und besonders alles Metaphysische gilt geradezu als
peinlich. Wir antworten mit der Gegenfrage: Kann eine gehobene
Bildung ohne Metaphysik überhaupt bestehen?
Was uns aber hier im besonderen angeht, ist die Auffassung der
Sinnesempfindung als einer Teilnahme des Menschen an dem Inne-
ren der Natur, den immateriellen Wurzeln oder intelligiblen We-
sensgründen (Ideen, Formen) der Dinge. Wem dieser Gedanke zu
kühn erscheint, der bedenke umgekehrt: wie die herkömmliche Auf-
fassung der Sinnesempfindung völlig undurchführbar, n i c h t z u
E n d e d e n k b a r ist. Wäre der elektromagnetische Reiz, wäre
die Luftschwingung, die „Molekularbewegung“, wirklich allein und
ausschließlich ein ä u ß e r l i c h e r Reiz — dann wäre er und was
sich ihm anschließt — unserem geistig-seelischen Leben schlechthin
inadäquat, also nicht bloß „subjektiv“, sondern für uns unberühr-
bar, unerreichbar! Durch solche Reize vermöchten wir keinesfalls
Licht, Klang, Wärme zu empfinden; denn das Geistig-Seelische und
das Stoffliche liegen auf ganz verschiedenen Ebenen. Es muß ge-
radezu als gedankenlos bezeichnet werden, wenn der Positivismus