Table of Contents Table of Contents
Previous Page  3900 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3900 / 9133 Next Page
Page Background

28

[22/23]

„vier Ursachen“ systematisch fortgebildet: die

causa formalis

ist das Wesenhafte,

die Form (Idee) eines Dinges; die

causa fitialis

der Zweck (nämlich die vollendete

Form); die

causa materialis

der Stoff (die Materie, das die Form Aufnehmende);

die

causa efficiens

die Überführung der Form aus der Möglichkeit in die

Wirklichkeit, die Bewegung, Veränderung. Die Bewegung ist vom Zweck, der

Vollendung der Form, beherrscht und kennt daher keine mechanischen Elemente.

— Ganz anders der neuzeitliche Ursächlichkeitsbegriff

1

.

Dieser kurze Überblick beweist deutlich, daß die aristotelische

Tafel nur eine solche der S u b s t a n t i a l i t ä t u n d i h r e r

I n h ä r e n t i e n ist, keineswegs aber eine Lehre von den Weisen

des Seienden überhaupt, keine allgemeine Kategorienlehre. Diese

zeigt sich unseres Erachtens vielmehr in der Lehre von den vier

ontologischen Anfängen. In ihr stehen, wenn man sie richtig be-

trachtet, an oberster Stelle F o r m u n d Z w e c k als methodo-

logisch miteinander eng verbundene Begriffe; sogar das vierte

Prinzip, die Bewegung (Veränderung), läuft wieder insofern auf

Form und Zweck hinaus, als diese in ihren verschiedenen geneti-

schen Stadien mit „Werden“, also „Bewegung“ zusammenfallen.

Es ist unsere Überzeugung, daß jede Kategorienlehre, von ihrer

metaphysischen Bedeutung abgesehen, zuletzt nur so viel wert sei,

als sie fähig ist, das Verfahren der Wissenschaften zu bestimmen.

Da erweist sich nun als der methodologische Haupt- / begriff der

aristotelischen Weltbetrachtung zuletzt der Zweck. Denn indem,

wie sich zeigte, Form und Zweck Zusammentreffen, bleibt die

„Form“ im ontologischen Bereiche, während „Zweck“ jener Be-

griff wird, der die wissenschaftliche Erforschung der Welt leitet. —

Der S t o f f allein bleibt nun gegen Form und Zweck als Gegen-

seite übrig. In diesem Sinn ergeben sich also zuletzt bei Aristoteles

nur zwei Urgegensätze: Zweck gegen Stoff, von denen der letztere,

als das bloß Leere und zu Bestimmende, nur uneigentlich Wirkliche,

das Verfahren der Wissenschaft nicht beherrschen kann. Für die rein

mechanistisch-kausale Auffassung der Welt im heutigen Sinn bleibt

dabei, wie ersichtlich, kein Raum. Vielmehr ist es die Betrachtung

der Welt unter dem Gesichtspunkt des Zweckes, die von Aristoteles

als beherrschender methodischer Grundsatz ausgeht, wie es denn

auch die Geschichte aller aristotelischen Wissenschaft zeigt. Dieses

darzutun, sollte der Kern unserer kurzen Betrachtung des Aristo-

teles sein.

1

Siehe oben S. 11 f.