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26 [20/21]

„Jedes ohne Verbindung gesprochene Wort“ bezeichnet nach Aristo-

teles notwendig entweder:

1.

eine Wesenheit oder Substanz (

ούσία

oder

τι έατι

zum Beispiel Mensch,

Pferd);

2.

ein Quantum

(

ποοόν

,

zum Beispiel zwei Ellen lang);

3.

eine Qualität (

ποιόν

, zum Beispiel weiß, sprachkundig);

4.

eine Relation

(

πρός

,

zum Beispiel doppelt, halb, größer

1

);

5.

ein Wo (

πον

, zum Beispiel im Lyzeum);

6.

ein Wann (

ποτέ

, zum Beispiel gestern);

7.

eine Lage

(

χεΤσϋαι

,

zum Beispiel liegt, sitzt);

8.

ein sich Verhalten oder Haben

(J

εχειν,

habitus, zum Beispiel ist beschuht,

bewaffnet);

9.

ein Tun, Affizieren

(

ποιείν

,

zum Beispiel schneidet);

10.

ein Leiden, Affiziert werden (

πάοχειν

zum Beispiel er wird geschnitten,

gebrannt)

2

.

Nach Trendelenburg

3

soll den Leitfaden für die Kategorien-

reihe die Grammatik hergegeben haben, wodurch eine Verwandt-

schaft mit Kantens Ableitung aus der Einteilung der Urteile in der

Logik sich ergäbe. Wie dem auch sei, die aristotelischen Kategorien

sind jedenfalls nicht wie die Kantischen als Stammweisen des Den-

kens zu fassen, sondern als Weisen des Seins. „Das Sein an sich

(

ον καϋ·’ αντό

)

wird in so vielen Bedeutungen ausgesagt, als es

Arten von Kategorien gibt“, sagt Aristoteles

4

.

Unter den zehn Kategorien erweist sich die S u b s t a n z (We-

senheit,

ονοία

,

zum Beispiel Pferd) als die grundlegende. Denn sie ist

ja offensichtlich der Träger der andern, die sich zu ihr nur als

I n h ä r e n t i e n verhalten, weil die anderen Kategorien, ontolo-

gisch / gesehen, nur Bestimmungen am Wesen, an der Substanz sind

(zum Beispiel groß — Quantum, schön — Qualität usw.).

Die Relation

(

προς

τι

)

macht hiervon insofern eine Ausnahme,

als sie als die allgemeine Kategorie des Inhärierens selbst aufgefaßt

werden kann. Im übrigen ist die erstmalige Unterscheidung von

Zahlbegriff und Eigenschaftsbegriff durch Aristoteles, ferner von

Raum und Zeit, Tun und Leiden sowohl ontologisch wie logisch

1

Nicht als Zahlwörter, sondern als Verhältniswörter zu verstehen.

2

Aristoteles: Kategorien, c 4 pr 1 b 25; Topik, 103 b 22. Nur an diesen beiden

Stellen führt Aristoteles alle zehn Kategorien auf. — Die Kategorienschrift gilt

als von zweifelhafter Echtheit. In der Topik wird am angeführten Ort statt

ούσία ,,τί έατι“

(„was es ist“) gebraucht.

3

Adolf Trendelenburg: Geschichte der Kategorienlehre, Berlin 1846, S. 13 ff.

4

Aristoteles: Metaphysik, 1017 a, 22 ff.