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Die Grundtatsache, daß lautere Ganzheit nicht erscheinen, nicht wirklich werden
könne, kommt auch in dem alten aristotelischen Satze zum Ausdruck, wonach
alles Wirkliche (Reale) individuell ist.
„ένέργεια χωρίζει"“,
„Verwirklichung (Wirk-
lichkeit) trennt“, so sagt das berühmte aristotelische Wort. Von unserem Stand-
punkt aus heißt dies aber nur: das Ganze als solches kann nicht erscheinen,
daher erscheint nur Individuelles, nämlich Glieder,
wie wir sogleich zeigen wer-
den. Wie sollte auch die n o c h u n b e s t i m m t e , l a u t e r e Ganzheit exi-
stieren, da sie für sich doch kein Glied, kein Organ hat, a n dem, i n dem sie
sein könnte?
Der Satz, daß nur das Individuelle existiere, ist hier in dem Sinn und
Zusammenhang zu verstehen, in dem er vorgebracht wurde. Eine nähere Be-
stimmung wird noch später zu erfolgen haben
1
.
§ 3
Lehrsatz 2: Das Ganze wird in den Gliedern geboren
Wenn das Ganze, so müssen wir fragen, als solches, an sich, als
ein eigenes Etwas, nicht ist, wo gewinnt es Dasein? Die Antwort
lautet: Das Ganze stellt sich in den Gliedern dar, wird in den Glie-
dern geboren. Andere Fassungen dieses Satzes wären: das Ganze of-
fenbart sich in den Gliedern, vermittelt sich in ihnen; es erscheint
in ihnen, es ist in ihnen und durch sie.
In diesem Satze ist vor anderen das Geheimnis der Ganzheit be-
schlossen. Wer ihn recht versteht, hat den Schlüssel zu aller Ganz-
heitslehre und zu allen Fragen der Verfahrenlehre. Dieser Satz sollte
mit goldenen Lettern in das Stammbuch jedes Jüngers der Wissen-
schaft geschrieben werden.
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Zunächst ergibt sich unser Satz von selbst aus dem ersten. Wenn
das Ganze an sich, „als solches“ kein Dasein hat, so sind doch offen-
bar die Teile da, wie unsere Beispiele zeigen: das Pferd Grane, der
Kaiser Karl, der Feldherr Moltke, der Künstler Goethe und so fort.
A k t u a l e s D a s e i n h a b e n n u r d i e T e i l e .
Gerade in diesem Punkt liegt nun eine Gefahr für den Begriff
wahrer Ganzheit, welcher alle individualistischen und atomistischen
Schulen immer wieder unterliegen. Der Satz, daß nur die Glieder
greifbar da seien, ist keine Umkehrung des Satzes, daß das Ganze
als solches nicht bestehe! Es gilt also nicht der Schluß: „Ganzheit
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Siehe darüber unten § 13, III., S. 123 ff. und § 17 (über die Ausgliede-
rungsstufen), S. 168 ff.