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W e i s e E b e n b i l d , D a r s t e l l u n g d e s s e l b e n G a n z e n i s t . — Nicht

ein einziger Rechtssatz bildet das Recht, sondern viele Arten von Gesetzen mit

vielen einzelnen Sätzen bilden es. Die Verfassung stellt Recht in ihrer Weise dar,

sie weist aber (gerade darum!) auf alle anderen Rechtssätze hin; das Strafrecht

stellt Recht in seiner Weise dar, weist aber auf alle anderen Rechtssätze hin. —

Ebenso in der Volkswirtschaft: Werkstätte, Markt, Haushalt stellen Wirtschaft

und Volkswirtschaft nur jeweils in ihrer Weise dar, weisen aber auf andere

Wirtschaftsarten hin. — Im Staat: Der König, der Staatsbürger stellen den Staat

nur in ihrer Weise dar, weisen aber auf die anderen Staatsseiten hin. — Und

wenn sich der Mensch selbst als Schöpfer von Ganzheiten betrachtet, findet er

dasselbe: Das Werk des Wirkenden stellt den Wirkenden nur in b e s t i m m -

t e r Wirkensweise dar, sie erschöpft ihn nicht, weist aber auf andere Wirkens-

arten hin.

Man erkennt, daß es die Weise der Ebenbildlichkeit ist, den Sach-

gehalt des Ganzen in seine grundsätzlichen Sachgehalte auseinander-

zulegen. Wir nennen dies die auseinanderlegende, / auslegende oder

wesenverleihende Ebenbildlichkeit; und die inhaltlichen Arten, in

welche die auslegende Ebenbildlichkeit ein Ganzes auseinanderlegt,

nennen wir: die T e i l i n h a l t e oder T e i l g a n z e n . Andere

Bezeichnungen dafür wären: Teilgebiet des Ganzen, Seiten, Kreise,

Bereiche, Zweige, Teilsysteme des Ganzen oder endlich auch Objek-

tivationssysteme. Auf Grund aller früheren Beispiele mögen fol-

gende kurze Hinweise auf Teilinhalte genügen:

Der menschliche Organismus gliedert sich aus in die Teilinhalte: Knochen-

system, Muskelsystem, Nervensystem, Stoffwechselsystem usw.

Die Gesellschaft gliedert sich aus in die Teilinhalte: Geistige Gemeinschaften

(Religion, Wissenschaft, Kunst) und handelnde Gemeinschaften (Staat, Kirche,

Sippe, Wirtschaft usw.).

Der Staat gliedert sich aus nach einer alten Lehre in: Gesetzgebung, Rechts-

pflege, Vollzug.

Die Wirtschaft legt sich nach herkömmlicher Lehre aus in: Erzeugung, Umlauf,

Verbrauch; oder nach anderer Fassung in die Teilinhalte der Gemeinsamkeits-

reife („Kapital höherer Ordnung“), Vorreife (Erfindung und Lehre) und Her-

vorbringungsreife (Marktreife, Werkreife)

1

.

Uber die Versuche der Psychologie, die seelischen Inhalte als Teilganze zu

begreifen, sei eine ausführlichere Bemerkung hier gestattet. Nachdem die

Versuche jeder Art von „Assoziationsmechanik“ gescheitert waren und sich so-

wohl dadurch wie aus anderen Gründen der ganze psychologische Sensualismus

als hinfällig erwies, ist das Problem der Psychologie immer energischer dahin in

Erscheinung getreten: das System der Teilinhalte festzustellen. Darum hat

Stumpfs hochberühmte Abhandlung

2

so großen Eindruck gemacht, weil sie,

1

Vgl. mein Buch: Fundament der Volkswirtschaftslehre, 4. Aufl., Jena

1929, § 23, S. 171 ff. [5. Aufl., Graz 1967].

2

Carl Stumpf: Erscheinungen und psychische Funktionen, in: Abhandlungen

der preußischen Akademie der Wissenschaften, Jg 1906, Abhandlung 4, Berlin

1906.