407
s t r e n g
g e s e t z m ä ß i g e n
C h a r a k t e r s
der
Teuerungsvorgänge aus Preisverschiebungen welche gibt, ist ausdrücklich
festzustellen. Die Komponenten der konkreten Vorgänge sind ja so
mannigfaltig: Kostenminderungen (Produktivitätsfortschritte), Kosten-
und Bedarfserhöhungen (abnehmender Bodenertrag) als Grundvorgänge;
daneben die Konjunkturbildung, die selber wieder ganz andere, eigene
Bedingungen
haben
kann:
neue
Märkte,
Handelsverträge,
Bedarfsumbildungen, spekulative Erscheinungen und manches andere. Da
hat die Praxis genug Punkte, um Hebel anzusetzen. Vor allem kann den
Kostenerhöhungen in der Landwirtschaft durch organisatorische und
technische Förderung (die dem abnehmenden Ertragsgesetz
entgegenwirkt) kräftig entgegengearbeitet werden. Namentlich die
Durchführung von Grundstückzusammenlegungen wäre eine dringende
und in der Gewalt öffentlicher Mächte liegende Angelegenheit
1
. Auch auf
die Verbilligung von Massenkonsumartikeln kann die öffentliche Gewalt
wirken: Vereinfachung des Marktverkehrs, Verminderung der
Handelskosten durch kommunale Übernahme des Vertriebes (wie z. B. in
reichsdeutschen Städten von Fischen, Kartoffeln, Gemüse, Kohlen),
Förderung konsumgenossenschaftlichen Zusammenschlusses (z. B. großer
Beamten- und Arbeiterkörper) und durchgreifende Wohnungsfürsorge.
Durch derartige Maßnahmen, insbesondere aber auch durch
vorübergehende, jedoch hinreichende Zollerleichterungen (wie man über
die dauernde Zollermäßigung denkt, ist eine ganz andere, in weitere
Fragen
übergreifende
Angelegenheit)
k ö n n e n
d i e
S c h w i e r i g k e i t e n
d e r
Ü b e r g a n g s z e i t e n
g a n z
w e s e n t l i c h
h e r a b g e m i n d e r t
w e r d e n . Lebendige
Beweise dafür bietet das Deutsche Reich und deutsche Großstädte, die sich
von dem ans Gewissenlose grenzenden schwächlichen und späten
Eingreifen unserer meisten öffentlichen Gewalten vorteilhaft abheben.
Dauernde Wirkungen können vor allem V e r s t e t i g u n g
d e r G ü t e r e r z e u g u n g , sei es mittels Verstaatlichung, Ver-
1
E u g e n v o n P h i l i p p o v i c h : Grundriß der politischen Ökonomie, Bd II/l, 6.
Aufl., Tübingen 1906, S. 97; W a l t e r S c h i f f : Die agrarpolitische Gesetzgebung der
Landtage 1902—1908, in: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd
18, Wien 1909, S. 519 ff. und 687 ff.; derselbe: Österreichs Agrarpolitik seit der
Grundentlastung, Tübingen 1898.