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Sein wäre tot, mechanisch — es wäre eben von der Art, in der wirk-
liches Sein nicht bestehen kann.
Hier ist es, wo uns das tiefe Mysterium der Welt entgegentritt,
wo „Sein“ sich nicht als bloß geäußertes, gesetztes zeigt, sondern als
zugleich im Äußernden und Setzenden verbleibend, als ein „Drau-
ßen“ und „Darinnen“ zugleich! Machen wir uns dies von zwei Sei-
ten her klar, zuerst von der Seite des ausgliedernden Ganzen, dann
von der Seite des ausgegliederten Teiles, so erhalten wir folgende
Übersicht:
Das ausgliedernde Ganze:
Insich-Sein
Außersich-Setzen
Das ansgegliederte Ganze:
Einerleiheit mit sich selbst (A = A)
Selbfremdheit (A = — A)
Alles Ausgliedernde hat die Weise, nicht nur nach außen hin
etwas zu setzen, sondern das Gesetzte, Ausgegliederte zugleich in
sich selbst weiter zu enthalten, zugleich in sich selbst verharren zu
lassen. Diese Grund- und Urtatsache der Welt haben wir früher
1
bei
der Erörterung des Satzes: „Das Ganze geht in den Gliedern nicht
unter“, an mehreren Beispielen erläutert. Der Gedanke, so sahen
wir, der sich im Worte äußert, ausgliedert, hört darum doch nicht
auf, Gedanke zu sein und darum das gesprochene Wort in sich zu
enthalten; der Wirkende, der sich im Werke setzt, hört nicht auf,
das Werk in sich zu haben, wodurch er es allein gebrauchen kann,
zum Beispiel der Baumeister sein Haus. Und so allgemein: Indem
das Ausgliedernde im Ausgegliederten nicht untergeht, läßt es zu-
gleich das Geschöpf urbildlich in sich verharren — und bewahrt
sich selbst dadurch im Schöpfungsakt, in welchem es sonst unter-
ginge. Das Wort / existiert als gesprochenes, aber zugleich existiert
es, verharrt es im Gedanken; gerade durch dieses Verharren ge-
schieht es aber, daß der Gedanke bei sich selbst bleibt, während er
das Wort heraussetzt. Dadurch allein geht er in den ausgegliederten
Teilen nicht unter. Daraus folgt, daß das Verhältnis des Ausglie-
dernden, Befassenden, Rückverbindenden zum Ausgegliederten, Be-
faßten, Rückverbundenen ein zweifaches ist:
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Siehe oben S. 81 ff.