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dann gegeben, wenn die unteren Organe in einer Ganzheit versagen.
Hier tritt ein, was uns schon aus / einem anderen Zusammenhang
bekannt ist: Es kann jeweils ein höheres Organ ihre Aufgaben über-
nehmen. Wenn der Soldat versagt, kann der Unteroffizier und Offi-
zier für ihn einspringen; wenn der Beamte versagt, sein Vorge-
setzter; wenn der untere Richter versagt, der obere und so fort.
Wenn aber auf solche Weise die Höheren für die Niederen „eintre-
ten“ können, so folgt daraus, daß sie die Niederen jeweils potentiell
in sich enthalten, trotzdem die niederen Organe von ihnen ausge-
gliedert sind. Die unteren Glieder sind also vom Zentrum nicht
schlechthin „entlassen“, gleichsam in die Fremde geschickt, sondern
sie bleiben in seinem Grund. Und die unteren Organe sind das, was
sie sind, nur deshalb, weil ihre Existenz im oberen Zentrum zu-
gleich nochmals gegeben ist! Darum ist der Feldherr der Inbegriff
aller Krieger, darum ist der König der Inbegriff aller Beamten; der
Zunftmeister der Inbegriff aller Werkmeister, Gesellen und Lehr-
linge; der Kartelldirektor aller Fabriken und ihrer Arbeiter; der
Werkstättenleiter aller Glieder der Werkstätte — weil sie alle ihre
Unteren jederzeit stufenweise ersetzen können; und umgekehrt
sind die Unteren nur deshalb wirkliche Organe ihrer Oberen, weil
die Oberen ihre Existenz noch immer in sich tragen, nochmals ver-
körpern. Das Untere muß sich im Oberen selbst nochmals als da-
seiend finden, um ein Unteres zu sein! Denn der Obere gliedert sich
durch die Befehle, die er gibt, in den Leistungen der Unteren aus,
o h n e s e l b s t d i e F ä h i g k e i t z u v e r l i e r e n , f ü r
d i e s e L e i s t u n g e n e i n z u t r e t e n . Tiefer Sinn des Die-
nens „von der Picke auf“! Darum bleiben die schon ausgegliederten
Leistungen zugleich im Oberen bestehen.
Diese Einsicht, das muß wiederholt betont werden, hat nichts
„Mystisches“, Nebelhaftes an sich, sondern ergibt sich aus der Zer-
gliederung jeder ganzheitlichen Organisation, welche Erfahrung und
Geschichte aufweist.
Selbst die M y t h o l o g i e ist von diesem Standpunkt aus als
ein Versuch zu betrachten, das Weltall als Stufenbau der Be- / fassung
zu begreifen. Es ist bekannt, daß die Untergottheiten der germani-
schen, griechischen, römischen Mythologie bloße Darstellungen,
Emanationen, Verjüngungen von Wotan, Zeus, Jupiter sind. Wotan
ist zugleich Kriegsgott und oberster Richter, Windgott und Wetter-