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selbst sind im wesentlichen doch nur deren Funktion, freilich nur unter

Berücksichtigung der äußeren Lebensbedingungen. In der Tat wird z. B.

die nationale Eigenart der Römer nicht durch ihre Parteiungen und rein

politische oder wirtschaftliche Gedankenwelt, ja nicht einmal die von

Handelsvölkern (z. B. der Karthager, Engländer) durch ihre

wirtschaftlichen Denkinhalte, sondern stets durch die Eigentümlichkeiten

ihrer Kulturelemente bestimmt.

Hiermit ist der Begriff der Nation noch immer nicht endgültig und klar

gewonnen. Es ergeben sich noch mancherlei Fragen: inwiefern ist die

nationale Gemeinschaft bei solcher Bildung durch mehrere Kulturinhalte

und Lebensinhalte eine Einheit; ohne solche würde sich die Nation in die

geistigen Einzelzusammenhänge: Wissenschaft, Religion usw. auflösen;

ferner: wodurch schließt sie sich örtlich, wo hört sie auf.

III. Die Einheit der nationalen Gemeinschaft

Die geistigen Gemeinschaften, welche uns in Wissenschaft,

Philosophie, Religion, Moral, Kunst begegnen, bilden keineswegs eine

bloße Summe, sondern insofern eine o r g a n i s c h e E i n h e i t , als

ihre inneren, persönlichen Grundlagen eine Einheit bilden. Deren Einheit

nun ist allerdings keine absolute; aber sie fehlt keineswegs. Sie liegt in der

Einheit der menschlichen Persönlichkeit, jener vernünftig-sittlichen

Einheit des Verstandes, welche K a n t so sehr hat. In der Vernunft liegt ja

von Natur (freilich nur idealerweise) die Einheit alles Denken und

Handelns; in der von uns Vorgefundenen Abhängigkeit vom All, dem

Enthalten- und Teil-Sein. Darin findet sich (sofern man es ablehnt, von

einer uns eingeborenen metaphysischen Ahnung auszugehen) die Wurzel

des Moralischen, wozu utilitarische Elemente nur formend treten. Alle

diese Einheit des Ich erweist sich freilich empirisch lückenhaft genug, ja

widerspruchsvoll — wie eben die individuelle menschliche Seele selbst,

die gleichsam in vielen, einander zum Teil überdeckenden

Bewußtseinskreisen wohnt, aber im Denken, Schauen und Handeln, im

metaphysisch-moralischen Gefühl und im erhabenen Genießen des

Schönen immer eine und dieselbe bleibt. Im einzelnen zeigt z. B.

27 Wirtschaft und Gesellschaft