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Einleitung

Die idealistische Philosophie beginnt mit der Seinslehre, nicht

mit der Erkenntnislehre.

Überall, wo dem menschlichen Geiste die Gewißheit des Über-

sinnlichen ins Wanken kommt, wanken auch Unsterblichkeit, Idee,

Seele, Freiheit, Zweck, zuletzt auch die Gewißheit des eigenen Den-

kens, die Wahrheit. Der Mensch gewöhnt sich, den blinden irdischen

Kräften zu vertrauen und verliert darüber sich selbst, indem bald

auch sein Inneres, sein Denken, als ein Spiel jener Kräfte erscheint.

Als dem europäischen Geiste am Ausgange des Mittelalters das

Übersinnliche verblaßte, endete darum nach den Übergangssystemen

des Nominalismus und Descartes’ die Philosophie in Locke und

Hume, deren Lehrbegriffe alles und jedes, auch die Sicherheit des

Denkens, die Wahrheit, zerstörten. Übrig blieb der blinde Ablauf

des Naturgeschehens. Übrig blieb das mechanisch-mathematische Er-

kenntnisideal, wie es in der Laplaceschen „Weltformel“ zum Aus-

drucke kam. Ist es aber einmal mit der Philosophie so weit gekom-

men, dann kann nicht unvermittelt eine große Metaphysik in ihr

wieder Wurzel fassen; kein einziger Abschnitt der inneren Rück-

kehr kann übersprungen werden: Die Philosophie muß zuerst die

Gewißheit des Denkens wiederherstellen, sie muß zuerst Erkennt-

nistheorie werden. Darum mußte die Philosophie der neueren Zei-

ten mit der Untersuchung der Voraussetzungen des Erkennens

beginnen, sie mußte mit dem Ich und seinem Denken die Kritik

eröffnen. Je gründlicher diese kritische Untersuchung geführt

wurde, um so mehr Aussicht war, / das Verlorene wieder zu ge-

winnen. Darum schleuderte L e i b n i z dem Hauptsatze des Sen-

sualismus „Nichts ist im Verstande, was nicht in den Sinnen war“

(nihil est in intellectu quod non fuerit in sensu) sein vernichtendes

Wort „Außer dem Verstande selbst“ (nisi intellectus ipse) entgegen.

Darum begann der weltbewegende Kampf des deutschen Idealismus

und der Romantik gegen Aufklärung und Materialismus mit

K a n t . In Kantens Erkenntniskritik wurde der Gegner mit seinen