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zueinander. Die M i t - A u s g e g l i e d e r t h e i t u n d M i t -
R ü c k v e r b u n d e n h e i t i n i h r e r E i g e n s c h a f t a l s
g e g e n s e i t i g e S e i n s b e d i n g u n g d e r G l i e d e r
u n t e r e i n a n d e r n e n n e n w i r G e z w e i u n g
1
.
Es gelten die Sätze, für deren nähere Erklärung wir auf / unsere
„Kategorienlehre“ verweisen: Keine Mitte gliedert nur ein Glied
aus, jede Mitte gliedert mehrere Glieder aus (Mitausgliederung und
Mitrückverbundenheit oder Gezweiung); kein Glied wird nur von
einer Mitte ausgegliedert, jedes Glied ist zugleich Glied mehrerer
Mitten (Vielmittigkeit).
Nichts ist nur Mitte, nichts ist nur Umkreis. Jedes Ganze ist in
einiger Hinsicht Glied, in anderer ausgliederndes Ganzes (Wechsel
der Führerstellung).
Keine Ganzheit schafft allein, jede Ganzheit schafft nur zugleich
mit anderen Ganzheiten (Gezweiung).
Die Erläuterung dieser Sätze findet der Leser in unserer „Kate-
gorienlehre“, doch werden wir auch im Laufe unserer Unter-
suchungen darauf zurückkommen.
Das Ganze dieser Kategorienlehre unterscheidet sich von der
Aristotelischen dadurch, daß die Aristotelische mit ihren zehn
Kategorien (Substanz, Quantität, Qualität und so fort) gleichsam
nur pars specialis ist und die grundsätzlichsten Kategorien des Seins
in das Lehrstück von den „vier Ursachen“ verlegt, die eigentliche
Kategorienlehre dagegen mehr äußerlich behandelt, da sie, statt die
„Substanz“ als Ganzheit zu erfassen, hauptsächlich äußerliche Er-
scheinungsformen, wie Quantität und Qualität, hervorhebt. — Von
der Kantischen Kategorienlehre unterscheidet sich die unsrige vor
allem dadurch, daß sie ontologisch, nicht subjektivistisch ist. Im
übrigen unterschied Kant dieselben Äußerlichkeiten wie Aristoteles
(die Quantität, Qualität, Kausalität und so fort) und verlegte das
Grundsätzlichste, das einer Kategorienlehre angehören müßte, zum
Beispiel die Lehre vom „Primat der praktischen Vernunft“, worin
also die Kategorie des Vorranges enthalten ist, in andere Lehr-
begriffe.
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Vgl. dazu auch unten Viertes Buch: Pneumatologie. Eine ausführliche Dar-
stellung der Gezweiung in meinem Buch: Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930,
S. 113 ff.