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ferisch ist und damit eine innere Einheit in seiner Vielheit, einen

festen Halt inmitten aller Veränderung enthält, liegt die entschei-

dende Bestimmung des Seinsbegriffes beschlossen. Es wird im fol-

genden unsere Aufgabe sein, diese Bestimmung nach allen Seiten

hin zu entwickeln.

Zuerst folgt aus dem Gesagten: Sein „ist“ nicht, sondern schafft;

aber alles, was schafft (ausgliedert), wird seinerseits wieder geschaf-

fen. Wir gewinnen damit den Satz:

Alles Sein ist Schaffen aus Geschaffen-Werden (1).

Wir heben aus dieser Begriffsbestimmung vorerst das „Schaffen“

hervor und kommen auf das „Geschaffenwerden“ später zurück.

Um den Begriff „Sein ist Schaffen“ lebendig in sich aufzunehmen,

ist es vorerst nötig, den in jedem von uns und daher auch in dem

geneigten Leser durch Erziehung und Gewöhnung festgewurzelten

Begriff eines mechanischen Seins, eines ein für allemal daseienden

Seins, das heißt eines materialistisch verstandenen, toten Seins aus-

zutilgen.

Sein als „Schaffen“ verstanden, bedeutet ein völliges Verlassen

des uns von der modernen Physik überkommenen Seinsbegriffes,

wie er am stärksten in den berühmten, aber philosophisch unan-

nehmbaren Sätzen von der „Erhaltung“ oder „Unzerstörbarkeit“

der Materie und der „Erhaltung“ oder „Unzerstörbarkeit“

der Energie (früher „Kraft“) seinen Ausdruck findet. Beide Sätze

sind allerdings in der allerneuesten Physik angefochten worden,

aber die mechanische und atomistische Vorstellung der Materie

wurde beibehalten. Gewiß ist nicht zu leugnen, daß das Wesen des

Anorganischen jenen Sätzen weitgehend entgegenkommt und daß

sie daher im praktischen Betriebe der / Physik innerhalb gewisser

Grenzen erfolgreich angewendet werden können. Entscheidend ist

jedoch: daß nach den Erhaltungssätzen alles Sein nach Masse und

Energie ein für a l l e m a l g e g e b e n wäre! Das Seiende

könnte danach nur umgeformt, umgelagert, nur äußerlich-mecha-

nisch verändert werden — wie denn auch für die atomistische Phy-

sik schon seit Demokrit und Galilei nur aus der Ortsveränderung

der Atome die Welt hervorgehen soll. Die Welt ist nicht, so sagt

diese Lehre; nur die unveränderlichen Einheiten des Seins, die

Atome, und ihre Ortsbewegungen sind.