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Wer sich von diesem toten, materialistischen Seinsbegriffe nicht
durchaus frei macht, wird in entscheidenden Fragen der Philosophie
immer wieder scheitern.
Wer aber von dem mechanischen Seinsbegriffe loskommen will,
möge bedenken, daß nicht nur E r d e u n d S t e i n „ist“, sondern
daß auch das L e b e n des Organismus mit seinem Pulsschlag und
Stoffwechsel „ist“; und noch mehr: daß auch der G e d a n k e ,
daß auch Geist „ist“. Leben und Gedanke aber sind ausschließlich in
ihrer inneren, sich selbst setzenden, selbst erzeugenden, in ihrer
s c h ö p f e r i s c h e n Weise. Der „Gedanke“ ist nur, weil er nicht
„vergessen“, das heißt aber, weil er neu gedacht, neu g e s c h a f -
f e n wird; das Leben ist nur, weil es unaufhörlich aus Selbstwirk-
samkeit heraus sich erzeugt (welcher äußeren Vorbedingungen im-
mer es dazu bedarf). So muß auch der Stein begriffen werden. Selbst
der Stein ist nur, weil stoffliche Wesenheiten am W e r k e sind,
weil zum Beispiel das Gravitationsfeld in Spannung, in Tätigkeit
bleibt und es, wenn man so sagen dürfte, nicht gestorben ist. Der
Stein gleicht gewissermaßen einem ständigen Blitzfeuer, das be-
ständig aus dem Tun seiner Kräfte hervorgeht. Mögen die Ergeb-
nisse immerhin sehr angenähert in quantitativer Rechnung auf-
gehen (mathematische Physik!), die große Beständigkeit der Natur,
die sich auch in weitgehender Beständigkeit der Größenverhältnisse
ausdrückt, / ist keine unbedingte und beweist daher nichts gegen
die schöpferische Art alles Seins.
„Sein“, so müssen wir gegen jede mechanische Auffassung ein-
dringlich betonen, ist n i c h t e i n d e n D i n g e n m i t g e -
g e b e n e r , u n v e r w ü s t l i c h e r S c h a t z ; sondern „Sein“
besteht aus unaufhörlichem Tätigsein oder Schaffen der Dinge ihrer-
seits, welches Schaffen (in Weise der „Eigenschaften“) unsere Sprache
so richtig als Be-schaffen-heiten bestimmt.
„Sein“ ist darum, so dürfen wir es von einer anderen Seite her
bezeichnen, auch nie und nimmer ein b e f e s t i g t e s , e i n
f i x i e r t e s , d e n D i n g e n w i e e i n K l e i d a n g e z o -
g e n e s S e i n
1
. Man darf, um sich klarzumachen, was Sein ist, wir
wiederholen es, nicht an einen Kieselstein denken, der an seinem
1
Vgl. mein Buch: Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena 1939, S. 102.
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