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M ö g l i c h e m , W i r k l i c h e s i s t i m W e r d e g a n g e

v o r M ö g l i c h e m (genetischer Satz).

Hieraus ergibt sich also, daß beide Sätze ontologisch einen grund-

verschiedenen Sinn haben. Der zweite Satz sagt nur einen geneti-

schen Vorrang des sinnfällig Wirklichen aus; der erste Satz sagt

den Wesensvorrang des Übersinnlichen aus, daher aber nichts

weniger als den Vorrang des Möglichen (des von der Welt aus ge-

sehen bloß Möglichen) vor dem Wirklichen. — In noch anderer

Form wiederholt, heißt dies: Das sinnlich Wirkliche ist nur im

genetischen Sinne vor dem / Möglichen. Im wesenhaften oder

logischen Sinne ist das Mögliche, weil auf einer höheren Stufe

wirklich, vor dem sinnfällig Wirklichen. Das aktiv Mögliche kann

ideell als Bedingung des sinnfällig Wirklichen nur sein, weil es auf

einer höheren Stufe selbst schon wirklich ist. Das aktiv Mögliche

bedingt die Wirklichkeit des Sinnfälligen. — Sinnfälligkeit scheint

aber nur das Individuum zu haben. Wie steht es dann mit der

sinnfälligen Wirklichkeit der gesellschaftlichen Ganzheiten? Es ist

nötig, diesen Gedankengang hier weiter zu verfolgen.

Um dieses ganz zu verstehen, muß man sich den inneren S t u -

f e n b a u, in dem die Welt aufgebaut ist, vor Augen halten. Gehen

wir zum Beispiel von dem Gesamtganzen des menschheitlichen

Kulturlebens aus, so erscheinen die einzelnen Kulturkreise, in die-

sen wieder die Staats- und Volkstumsgruppen, in diesem wieder die

einzelnen Staaten und Volkstümer, in diesen wieder die einzelnen

Unterganzen bis zu den Staatsbürgern und völkischen Bürgern

als die einzelnen Unterstufen, beziehungsweise als die letzten Glie-

der (die staatlich-völkischen Menschen). Die Gesamt-Wirklichkeit

der „Menschheit“ ist die Möglichkeit für die Kulturen und Kultur-

kreise; die Gesamt-Wirklichkeit der Kulturkreise ist die Möglich-

keit für die Volkstümer und Staaten, die geistige Wirklichkeit des

Staates und des Volkstums die Möglichkeit für seine Bürger und

Glieder. Was also auf der höheren Stufe Wirklichkeit ist, erscheint

auf der niederen Stufe jeweils als Möglichkeit. Die höhere Stufe

wird auf der niederen Stufe nur wirklich in Weise der niederen

Stufe. „Das Ganze als solches hat kein Dasein, es wird in den Glie-

dern geboren“ — sagt unsere „Kategorienlehre“

1

. Den Staat als

1

Vgl. mein Buch: Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena 1939, S. 60 ff.