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Die Schöpfung der Welt kann, wie innerhalb der einzelnen Reiche,
so auch zwischen den beiden Reichen, Geist und Stoff, nur als Aus-
gliederung, nur als Mit-Ausgliederung im weitesten Sinne gefaßt
werden. Stoff und Geist sind in sich selbst bestimmt, aber zueinan-
der hingeordnet. Sie sind die Ur-Teilordnungen dieser stofflich-
geistigen Welt. Als Ur-Teilordnungen sind sie / ihre G l i e d e r
und in diesem höheren Sinne gegenseitig, mitausgegliedert, gezweit.
Wir nennen diese höhere Gegenseitigkeit und höhere Gliedhaftig-
keit oder Gezweitheit, die zwischen Geist und Stoff als den Ur-Tei-
len oder Ur-Ordnungen dieser Welt besteht, G e z w e i u n g h ö -
h e r e r O r d n u n g .
Als Bild dieser Verbindung mögen jene Fälle inniger „ S y m -
b i o s e “ zweier Lebewesen dienen, in denen sich gleichsam ein
„Individuum höherer Ordnung“ (wie die Botaniker sagen) ergibt.
Zum Beispiel bilden Pilze und Algen in der Flechte eine natürliche
untrennbare Verbindung, die sich als solche fortpflanzt und eine
eigene charakteristische Gestalt hat.
Die Gezweiung höherer Ordnung muß sich von der einfachen
Gezweiung wesentlich unterscheiden. Die einfache Gezweiung ist
Mit-Ausgegliedertheit und Mit-Rückverbundenheit zwischen Art-
gleichen
1
. Die Glieder sind untereinander artgleich, konsubstantial.
Das S c h ö p f e r i s c h e
d e s
M i t e i n a n d e r
b e r u h t
a u f d e r A r t g l e i c h h e i t d e r G l i e d e r . Gerade diese
Artgleichheit fehlt aber in der Gezweiung höherer Ordnung. Zwar
ist auch bei ihren Gliedern Mit-Ausgegliedertheit und Mit-Rück-
verbundenheit vorhanden, aber nur in der höchsten Ausgliederungs-
mitte, im Weltschöpfer; denn die Glieder der Gezweiung höherer
Ordnung sind, wie gesagt, untereinander nicht artgleich, nicht kon-
substantial, vielmehr artungleich. Wollte man sich dies zeichnerisch
veranschaulichen, so könnte man sich das Bild der Gezweiung höhe-
rer Ordnung so vorstellen
2
:
/
1
Vgl. meine Bücher: Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 113 ff. und
155 ff.; Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena 1939, S. 274 ff.
2
Daß im folgenden Bilde die Gezweiung höherer und niederer Ordnung
dieselbe zeichnerische Darstellung finden, ist nur ein Mangel der Zeichnung. Es
soll nicht bedeuten, daß beide Gezweiungen wesensgleich wären.