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stich-Subjektive Auffassung des Raumes (im Gegensatz zur

apriorisch-subjektiven) liegt in der Lehre von der Subjektivität oder

spezifischen Energie der Sinnesqualitäten

1

.

Die zweite Grundfrage läuft darauf hinaus, ob der Raum eine

eigene Wesenheit, das heißt, ob er selbständige Substanz ist? und

demgemäß weiter: ob es einen leeren Raum (das wäre ja der Raum

als eigene Wesenheit für sich) gibt, in den die Dinge nachträglich

hineinkommen. Ist der Raum keine eigene Substanz und gibt es

daher keinen leeren Raum, so müssen es umgekehrt die Dinge selbst

sein, die den Raum bilden. In diesem letzteren Falle wäre der Raum

nur eine Beschaffenheit oder eine „Beziehung“ der Dinge. Daß der

Raum eine selbsteigene Wesenheit, geradezu ein Absolutes sei, das

vor den / Dingen wäre, ist eine Ansicht, die jedem A t o m i s m u s

notwendig eignet und die unter anderen bekanntlich Newton mit

Macht behauptete. Ihm entgegnete schon Leibniz, daß der Raum,

wenn er ein Absolutes wäre, auch die erste Substanz aller Dinge sein

müßte, da ihm dann alles, was „im Raume ist“, innewohnen müßte

2

.

Diesen Standpunkt, wonach, allgemein gesagt, nicht der leere Raum

vor den Dingen ist, vertraten auch in ihrer Weise: Schelling, der

jüngere Fichte, Trendelenburg, Hegel.

Nach Schelling ist der erste Schritt der Verwirklichung der Ma-

terie die Ausdehnung

3

.

Die stoffliche Welt ist es, die sich ausdehnt, es ist daher nach Schelling kein

leerer Raum, in den die Dinge eingehen, Tiefsinnig deutet er an, daß dem räum-

lichen Außereinander und dem zeitlichen Nacheinander in der intelligiblen Welt

eine Vorherbestimmung entsprechen müsse, da sonst in Raum und Zeit „ein

1

In der heutigen Seelenlehre stehen einander bekanntlich Rationalismus

und Empirismus gegenüber. Ersterer nimmt einen ursprünglichen, angeborenen

Ansatz der Raumanschauung an, letzterer will sie rein genetisch erklären. Joseph

Fröbes: Lehrbuch der experimentellen Psychologie, 2 Bde, Bd 1, 2. Aufl., Frei-

burg i. B. 1922, S. 271 ff. und 325 ff.

2

Vgl. Gottfried Wilhelm von Leibniz: 4. Schreiben an Clarke. Hauptschriften

zur Grundlegung der Philosophie, deutsch von Arthur Buchenau, Bd 1, Leipzig

1904, S. 146 ff. (= Philosophische Bibliothek, Bd 107).

3

So schon in der frühen Naturphilosophie und noch zuletzt in der „Ein-

leitung in die Philosophie der Mythologie“, Sämtliche Werke, Abt. 2, Bd 1,

Stuttgart 1957, S. 427. — Vgl. Schelling: Darstellung des Naturprocesses (1843),

Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd 10, Stuttgart 1861, S. 309 ff. Damit ist ihm Raum

vor Zeit, welchem Gedanken wir widersprechen müssen. — Vgl. oben S. 333 ff.

und unten S. 383 ff.