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Behandlung des Raumbegriffes und Stetigkeitsbegriffes hervorgetan, die aber

leider Bruchstück blieb.

Die Ablehnung des Raumes als eigene Substanz bedeutet nicht, daß nun der

Raum umgekehrt als „relativ“ gefaßt werden müsse, als „ein bloßes Gewebe von

Relationen [nämlich Lagen], ohne absolutes / Fundament“, wie Marty diesen

Gegensatz entwickelt

1

. Hätte Marty Schellings Raumtheorie gekannt, so hätte

er gesehen, daß dieser Gegensatz vermeidlich ist.

II. Wesen des Raumes

Könnte man beim Raume von Ganzheit sprechen, so müßte man

sagen, daß das Wesen des Raumes nicht im Bereiche der Umglie-

derung, sondern der Ausgliederung liegt. Faßt man den Raum als

Weise der Ausgliederung, so könnte man versucht sein, ihn einfach

als das „Auseinandertreten“ der Teile zu kennzeichnen, wie es

merkwürdigerweise so häufig geschah, so bei dem jüngeren Fichte,

Leibniz

2

, Schelling, Hegel und den meisten andern.

Im Grunde ist aber mit dieser so oft gebrauchten Bestimmung

nichts erklärt, da im Begriffe des „Außereinander“ oder des „Ne-

beneinander“ oder des „Auseinandertretens“ das R ä u m l i c h e

schon vorausgesetzt ist, soll es als ein räumliches „Auseinander“ er-

scheinen. Denn in geistiger Hinsicht gibt es auch ein „Auseinander“

oder „Nebeneinander“, zum Beispiel der Merkmale im Begriffe,

der Schlußglieder im Denken, ohne daß es einen Raum bedeuten

würde. Auch bewirkt im Geistigen sogar der Verlust des Einheits-

zusammenhanges, also das grellste „Auseinanderfallen“, noch keinen

Raum. Das unlogische Denken zum Beispiel, in welchem die Einer-

leiheit der Begriffe und ihr Zusammenhang verlorengeht, das fal-

sche Schlußfolgern, bei welchem die Glieder der Schlußsätze aus dem

Einheitszusammenhange herausfallen, ferner die „Zerstreutheit“

oder gewisse Fälle von Wahnsinn (zum Beispiel wenn sich einer für

Bd 193). — Eine Übersicht über andere neuere Raumtheorien bei Joseph

Geyser: Allgemeine Philosophie des Seins und der Natur, Münster i. W. 1915,

S. 283 ff.

1

Anton Marty: Raum und Zeit, Halle 1916, S. 5, Anmerkung.

2

Gottfried Wilhelm von Leibniz: Hauptschriften zur Grundlegung der

Philosophie, deutsch von Arthur Buchenau, Bd 1, Leipzig 1904, S. 54, Bd 2,

Leipzig 1906, S. 401 (Der Raum „Ordnung der Koexistenz“), [= Philosophische

Bibliothek, Bd 107—108].