Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4770 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4770 / 9133 Next Page
Page Background

458

[513/514]

B. Die T e i l n a h m e o d e r

μέθεξις

Die Platonische Jenseitigkeit führt zu der Vorstellung, daß die

Dinge nur durch „Teilnahme“ (

μέθεξις)

an der Idee Wirklichkeit

erlangen können

1 2

. Hier bleibt unerklärbar, wie die Dinge teilneh-

men können, bevor sie noch sind. Durch Teilnahme erst erlangen sie

Sein, um teilnehmen zu können, müssen sie aber schon vorher sein.

Also müßten sie schon sein, bevor sie noch sind. Der Begriff der

Teilnahme zeigt sich als unvollziehbar.

In anderem Lichte erscheint das Verhältnis der Dinge zu den

Ideen, wenn es als das von Gliedern und Ganzheit verstanden wird.

Dann erscheint das sinnliche Einzelwesen (abgesehen von der Ge-

zweiung höherer Ordnung mit der Materie) als Ausgliederung der

Idee. Aber der Begriff der Ausgliederung allein vermag, wie immer,

das Verhältnis des Einzeldinges zur Idee (des Gliedes zur Ganzheit)

nicht völlig verständlich zu machen. Denn die Ausgliederung be-

sagt nur, daß das Ganze seine Glieder setzt, nicht aber, wie die Glie-

der im Ganzen, die Dinge in den Ideen enthalten bleiben. Dieses er-

klärt der Begriff der Rückverbundenheit. Durch die Rückverbun-

denheit erst wird das Verhältnis des Gliedes zum Ganzen, des Din-

ges zur Idee vollkommen begründet und begriffen.

/

Es ist eine Wiederholung, wenn wir an den Begriff der Rückver-

bundenheit hier nochmals erinnern. Um der völligen Klarheit wil-

len möge es uns erlaubt sein.

Kraft der Rückverbundenheit, so sagten wir, findet sich das Glied nicht nur als

das Ausgegliederte, das Herausgesetzte, als einerlei mit sich selbst, in Identität

mit sich selbst; sondern es findet sich nochmals in dem ausgliedernden Ganzen

(in dem selber unausgegliederten, aber die Glieder ausgliedernden Ganzen) inne-

bleibend; es findet sich in diesem Sein nicht mit sich selbst gleich, sondern sich

selbst fremd (Selbfremdheit). Einerlei ist es mit sich selbst als konkret Ausge-

gliedertes, als empirisches Glied; innebleibend als in dem unausgegliederten

Grunde des ausgliedernden Ganzen zugleich verharrend. Beispiel: Der Krieger hat

sein Sein zuerst in dem Plane des Feldherrn, zum Beispiel als der auf einen be-

stimmten Posten Gestellte; in dem letzteren Sein, dem ausgegliederten (als em-

pirischer Krieger), ist er mit sich selbst einerlei; in dem ersteren Sein (im Plane

des Feldherm als dem ausgliedernden Ganzen zugleich innebleibend) ist er

nicht er selbst, sondern selbfremde

2

1

Vgl. oben S. 404 f.

2

Vgl. oben S. 38 f. und 42 ff., sowie meine Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena

1939, S. 232 ff.