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Sowohl die eine wie die andere Antwort führt aber wieder zu

ähnlichen unauflösbaren Schwierigkeiten, wie sie bei Erörterung

der reinen Jenseitigkeit und Diesseitigkeit oben dargelegt wurden

1

.

Gibt es nur von den Gattungen Ideen, so bedeutet dies das Fallen-

lassen der einzelnen Wesen oder Dinge. Da ihnen keine Idee ent-

spricht, sind sie schon darum hinfällig und in sich selbst entwertet.

Gibt es von jedem einzelnen Dinge eine Idee (Form), dann geht das

Allgemeine verloren. Ferner droht die Idee an ihrer eigentlichen

und höheren Ideen-Natur einzubüßen, denn sie müßte eigentlich

mit der Entfaltung und Auflösung des Dinges selbst entstehen und

vergehen. Nominalismus, Individualismus / (Leugnung des All-

gemeinen = Leugnung der Idee), Pantheismus und Verdopplung

der Welt sind die Folgen.

Die Antwort unserer „Kategorienlehre“ auf die Frage, wovon es

grundsätzlich Ideen gibt, lautet: Es g i b t v o n d e n G a t -

t u n g e n u n d v o n d e n E i n z e l w e s e n I d e e n ; a b e r

v o n b e i d e n n u r i m g l i e d h a f t e n S i n n e . Der Um-

kreis dieser Gattungen und Glieder wird sogleich zu besprechen

sein. Hier ist noch der genaue Sinn jener Bestimmung anzugeben.

Es gibt von jeder Gattung eine Idee; darum gibt es auch von je-

dem Einzelwesen, das in ihrem ganzheitlichen Zusammenhange

besteht, eine Idee; aber jede dieser Ideen, sowohl die der Gattung

wie die des Exemplars, ist g 1 i e d h a f t und darum nur insofern

selbständig, als ihre Gliedhaftigkeit in dem höheren Ganzen Selb-

ständigkeit zuläßt; sie ist nur verhältnismäßig selbständig (nach

Maßgabe der Vita propria

2

). Die Eiche ist Glied der Eichenheit, die

Eichenheit Glied der Baumheit. Die Ideen der Einzelwesen sind also

gliedhafte Ideen und die Idee der Gattung ist daher nicht als eine

von dem Einzelwesen abgetrennte Wesenheit, sondern als Ganz-

heit ihrer Glieder zu begreifen. Und auch die Gattungsidee ist

ihrerseits wieder gliedhaft. Wie die Glieder und Stufen in jedem

Glieder- und Stufenbau von sehr verschiedener und wechselnder

Selbständigkeit sind, so auch die Ideen.

Dies bestätigt ein Blick auf die Wirklichkeit. Die organischen

Naturwissenschaften zeigen uns die Einzelwesen stets nur als Glied

der Gattung, ihre „Idee“ ist also nur verhältnismäßig selbständig;

1

Siehe oben S. 413 f. und 424 f.

2

Vgl. meine Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena 1939, S. 140 ff.