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scheidet man das Formell-Allgemeine, die Teilinhalte, von dem Kon-

kret-Allgemeinen oder dem Selbstisch-Allgemeinen, den Stufen, so

ist auch die Frage, wovon es Ideen geben kann, eindeutig gelöst:

Es kann nur von den konkreten Ganzheiten aller Stufen Ideen ge-

ben, nur von dem K o n k r e t - A l l g e m e i n e n

o d e r

S e l b s t i s c h - A l l g e m e i n e n , niemals von den Teilinhalten,

die auf allen Stufen wiederkehren, niemals von dem Abstrakt-All-

gemeinen. Es gibt eine Idee von der Gattung Säugetier und allen

Untergattungen, Arten und Individuen, aber nicht von dem Teil-

inhalte „rotes, warmes Blut“, der auf allen Stufen deswegen wieder-

kehrt, weil die höhere Stufe in der niederen sich darstellt.

Was die Beispiele von Ideen, die Platon anführt, betrifft, so kön-

nen leider viele davon nicht anerkannt werden. Weder von „Größe“

noch von Wasser, Feuer können wir Ideen annehmen, denn von den

Naturstoffen gibt es keine Ideen und auch nicht von geometrischen

Gestalten

1

. Aber auch von der „Gerechtigkeit“

2

können keine

Ideen angenommen werden, da diese nur Teilinhalte jener konkre-

ten Ganzheiten sind, von denen es allein Ideen gibt: den Ganzheiten

des Gemeinschaftslebens, zum Beispiel des Staates, der Kirche und

ihren Unter- und Überganzen, wie sie durch / den S t u f e n b a u

d e s o b j e k t i v e n G e i s t e s bezeichnet sind. Die Gerechtig-

keit gibt es nur in den Staaten. G i b t e s I d e e n d e r S t a a -

t e n u n d i h r e r Ü b e r g a n z h e i t e n — z u l e t z t

d e r

M e n s c h h e i t — , s o s c h l i e ß e n s i e d a s s i t t l i c h

R i c h t i g e s c h o n i n h a l t l i c h i n s i c h , e i n e r

e i g e n e n I d e e d e r G e r e c h t i g k e i t b e d a r f e s n i c h t .

— Dies führt uns auf die Frage des „Versammlungsortes“.

B. S i n d d i e D i n g e V e r s a m m l u n g s o r t e v o n I d e e n ?

Die Lösung dieser Denkaufgabe ist in dem bisher Entwickelten

bereits enthalten. Sie liegt im Begriffe der Gliedhaftigkeit der

Dinge. Die Dinge sind keine Versammlungsorte der verschieden-

1

Über diese siehe oben S. 445 f.

2

Vgl. Platons Staatsschriften, griechisch und deutsch, herausgegeben von

Wilhelm Andreae, Teil 2: Staat, Bd 2: Einleitung und Erläuterungen, Jena 1925

( = Die Herdflamme, Bd 6).