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Natur, und gehört daher dem Geiste nur nach Weise von Entspre-
chungen des inneren ganzheitlichen Lebens an, und zwar durch Ge-
zweiung höherer Ordnung
1
.
Da die stofflichen Eigenschaften überhaupt nicht aus Ideen ent-
springen, können diese Eigenschaften auch keine „Teilnahme“ der
Ganzheit an der betreffenden Idee bedeuten und somit abermals aus
den konkreten keinen „Versammlungsort“ von Ideen Ganzheiten
machen.
F.
Die B e s o n d e r h e i t d e r E i n z e l w e s e n , a b e r
a u c h d e r G a t t u n g e n , w i r d d u r c h d i e g a n z -
h e i t l i c h e A u f f a s s u n g d e r I d e e e r k l ä r t
(Das principium individuationis)
1. L e h r g e s c h i c h t l i c h e r V o r b l i c k
Um in dieser wichtigen Frage ganz klar zu sehen, sei eine kurze
lehrgeschichtliche Betrachtung unserer Untersuchung vorangestellt. /
In den früheren philosophischen Lehrgebäuden, in denen der Be-
griff der Idee vorkam, mußte die Frage beantwortet werden, wo-
durch die einzelnen Dinge oder ihre Ideen zu besonderen, einzig-
artigen, individuellen würden, es entstand dadurch das Lehrstück
vom principium individuationis. Erst in den neueren naturalisti-
schen Lehrgebäuden, welche die „Idee“ leugneten, wurde dieses
Lehrstück ausgeschieden.
Die Schwierigkeiten der Erklärung der Individuation hingen
mit den Grundsätzen der Jenseitigkeit und Diesseitigkeit eng
zusammen. Die Jenseitigkeit verlangte die eine, allgemeine Idee
und mußte, wie wir schon in anderem Zusammenhange sahen, die
individuellen Abweichungen als Zurückbleiben hinter der Idee an-
sehen. Die Schuld daran wurde der Materie zugeschoben, die als das
Nicht-Seiende die Dinge zu einem Gemisch von Sein und Nichtsein
machte und auch verhinderte, daß sie die reine Gestalt (das reine
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Siehe oben S. 461 ff.