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i s t v o r d e m V e r a n s t a l t e t e n (dem Organisierten, den
veranstaltenden Handlungen). Dieser Satz versteht sich aber nur
im Bereiche des Handelns; dort allerdings ist er selbstverständlich:
die veranstaltenden Handlungen sind logisch nach der Anstalt (der
Ordnung), der sie dienen, die sie auf- und umbauen sollen. Anders
gesagt: Die O r d n u n g i s t v o r d e m G e o r d n e t e n . Das
hat den ganz allgemeinen Sinn: Die Form ist vor dem Stoffe, z. B.
das Logische vor dem Gedachten, weil ja „Gedachtes“ nur in der
logischen Form oder Ordnung wesensgemäß auftreten kann. / Dieser
Satz sagt allerdings nicht: Die Form des Handelns (z. B. die an-
staltliche, organisatorische) ist vor dem geistigen Gehalte des Han-
delns (dem Inhalte des Veranstalteten); denn Handeln ist nur vor
Handeln. Der Satz: Veranstaltung ist vor dem Veranstalteten, Ord-
nung vor dem Geordneten, ist daher zu ergänzen durch den Satz:
(lla) Der g e i s t i g e G r u n d d e r v e r a n s t a l t e n d e n
H a n d l u n g e n i s t v o r d e m v e r a n s t a l t e t e n G e i -
s t i g e n ; z. B. Religion als noch unorganisierter Geistesinhalt ist
vor der in der Kirche organisierten Religion — anders gesagt:
Religiosität ist Grund der Veranstaltung (der Kirche) und Grund
ihrer Verwirklichung als kirchlicher Religion; Wissenschaft ist
Grund der Forschungsanstalt usw., das heißt, Religion ist vor Kir-
che, Wissenschaft ist vor Schule.
Das wird von anderer Seite her nochmals deutlich, indem wir
das Veranstaltende, Ordnende als den „Veranstalter“ oder „Ord-
ner“, das heißt als Person bestimmen. Dann gilt umgekehrt der
Satz:
(11b) Das V e r a n s t a l t e t e i s t v o r d e m V e r a n -
s t a l t e r , d a s G e o r d n e t e i s t v o r d e m O r d n e r .
Genetisch, in der Zeitfolge, ist zwar der Ordner notwendig früher
da als das, was er ordnen soll; dagegen ist ihm das zu Ordnende,
als „Aufgabe“, als Gültiges (als Idee), also dem Wesen und Inhalt
nach, schon stets v o r g e g e b e n . Darum ist es klar, daß das dem
Wesen oder Begriffe nach Geordnete, als geistiger Inhalt gefaßt,
schon vor dem Ordner da ist — wenn auch noch nicht verwirklicht.
Für die herkömmliche, individualistische, im Grunde materiali-
stische Auffassung ist der Satz, daß die Ordnung vor dem Geordne-
ten sei, nur deswegen schwer verständlich, weil man sich das Ge-
ordnete nicht ganzheitlich ausgegliedert denkt, sondern so, als ob