Z w e i t e r T e i l
Der Begriff der Wirtschaft
und die philosophischen Folgerungen,
die sich aus ihm ergeben
Entscheidend für die philosophischen Folgerungen, die sich aus
einer Volkswirtschaftslehre ergeben — was von anderer Seite her
gesehen gleichbedeutend ist mit ihren philosophischen Vorausset-
zungen —, ist der Begriff der Wirtschaft selbst.
Wir können in diesem Zusammenhange dreierlei Wirtschaftsbe-
griffe unterscheiden: den technologischen, den psychologischen und
den ganzheitlichen oder universalistischen, den man in bedingtem
Sinne auch teleologisch nennen kann.
I.
Der technologische Wirtschaftsbegriff
Er ist am ausgeprägtesten bei Quesnay gegeben, wenn auch weder
bei ihm noch auch bei seinen Nachfolgern ausdrücklich als solcher
entwickelt. Quesnay faßt den Begriff der wirtschaftlichen Produkti-
vität oder Fruchtbarkeit dahin, daß nur jene Arbeit ursprünglich
fruchtbar sei, welche n e u e n S t o f f schaffe. Daher ist die Arbeit
des Landmannes, der ein Korn sät und zehn Körner erntet, frucht-
bar, die Arbeit des Gewerbsmannes, der die vom Landmann, Berg-
mann, Forstmann geschaffenen Stoffe nur umformt (z. B. Holz zu
einem Tische formt), „steril“. Nicht so scharf, aber im Grunde
gleichartig fassen alle späteren individualistischen Schulen bis Ri-
cardo und dessen Nachfolger den Begriff der Wirtschaft, wenn sie
nur die Erzeugung von Sachgütern für produktiv, die Arbeit des
Staatsmannes, Künstlers, Gelehrten, Rechtsanwaltes dagegen für un-
produktiv und sein Einkommen für „abgeleitet“ erklären
1
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1
Siehe zum Beispiel unter den neuesten Eugen von Philippovich: Grundriß
der Politischen Ökonomie, Bd 1, 15. Aufl., Tübingen 1920, S. 334 ff. und öfter.