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unaufhörlich neu gestärkt wieder auflebt (Gezweiung höherer Ord-

nung

1

).

Aber auch die übrige Welt der „Mittel für Ziele“, das gesamte

Handeln, weist den Menschen gebieterisch auf die äußere Natur

hin, verlangt seine Verbindung mit ihr.

Der Geist kann hienieden nicht in sich bestehen. „Was im Schauen

angesammelt wird, bricht in Schaffen aus“, so lautet ein Hauptsatz

der Geisteslehre, der zugleich ein Hauptsatz der Ontologie ist

2

.

Auch das innere „Schaffen“ aber schlägt zuletzt in äußeres Handeln

aus. Während im Denken und künstlerischen Gestalten der Geist

noch in seinem eigenen Bereiche bleibt (obwohl der Hinweis auf

die Sinnenwelt in jedem Gedachten und Gestalteten notwendig

schon beschlossen liegt); muß er im Handeln seinen eigensten Kreis

verlassen und in die Ebene der stofflich-räumlichen Welt mit ihrer

eigenen Gesetzmäßigkeit herabsteigen. / „Handeln“ braucht irgend-

wie immer Mittel der stofflich-räumlichen Welt und kann sie nie-

mals ganz entbehren. Schon das Aussprechen des Wortes, das

Schreiben, Dichten, Schauspielen, Singen, Musizieren, Malen, Tan-

zen; das Gehen, Wandern, Schlafen, Wohnen; auch das veranstal-

tende Handeln in Staat, Kirche, Heer, Sippe; jedes nur denkbare

andere Handeln ist auf Sinnlichkeit angewiesen, geschieht im

Raume, geschieht durch Gebrauch der Sinne des Körpers und be-

darf zu allermeist überdies noch fremder stofflicher Mittel, stoff-

licher Güter.

Das Handeln hat also nicht eigentlich den Sinn, der Notdurft

des Leibes zu dienen; es folgt aus dem Wesen des Geistes. „Was im

Schauen angesammelt wurde, bricht in Wirken aus.“ Handeln ent-

faltet, Handeln vollendet den Geist. Es verhilft ihm erst zur letzten

Verwirklichung (Aktualisierung). Vor dem Handeln ist alles noch

im Zustande des Vermögens (der Potentialität)

3

.

Darin liegt der tiefe Sinn der Arbeit, daß sie den Geist entfalten,

vollenden hilft. Der Sinn und Grund der Wirtschaft ist daher, wir

wiederholen es, nicht allein die Notdurft! Auch wenn kein äuße-

res physiologisches Bedürfnis ihn zwänge, müßte der Mensch zu

1

Siehe oben S. 133 f.

2

Vgl. oben S. 145 und mein Buch: Der Schöpfungsgang des Geistes (= Ergän-

zungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 3), Jena 1928, S. 54 und 200 ff.

3

Vgl. oben S. 146 und 148 ff.