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Dem Begriffe des Einzelnen als dem Ursprünglichen wird in der
Ganzheitslehre ferner der Begriff des U b e r i n d i v i d u e l l e n
auch in der Wirtschaft als das Vorgeordnete entgegengesetzt und zu
dem alten platonisch-aristotelischen Satze zurückgekehrt: Das Ganze
ist vor dem Teile.
Dieser Satz schließt nicht nur den wirtschaftlichen Individualis-
mus, er schließt auch Empirismus, Relativismus, Subjektivismus
und Nominalismus aus.
Näheren Aufschluß über meine methodologische und philosophische Stellung
geben meine philosophischen Werke. Daß und inwieferne meine rein im Ge-
gebenen der wirtschaftlichen Erfahrung verweilende Wesensanalyse nicht mög-
lich gewesen wäre ohne den philosophischen Begriff des U b e r i n d i v i d u e l -
l e n , werden die späteren Ausführungen zeigen
1
.
/
C.
P h i l o s o p h i e d e r G e s c h i c h t e
d e r W i r t s c h a f t
Indem die ganzheitliche Volkswirtschaftslehre das G e i s t i g e ,
welches in den stofflichen Gütern enthalten ist, nachweist (z. B. den
Erfindergedanken in einer Maschine, den Handelsvertrag in einem
Kaufe und Verkaufe), lehrt sie auch, die jeweils geschichtlich ge-
gebenen Wirtschaftsmittel auf ihren g e i s t i g e n U r s p r u n g
zurückzuführen: das rein Stoffliche der Wirtschaftsmittel geht auf
die Natur, besonders Boden und Klima zurück, das Geistige der
Wirtschaftsmittel auf das gesamte Geistesleben, die gesamte Kultur.
Wirtschaft ist „Mittel für Ziele“. Daher sind sowohl die stoff-
lichen wie die geistigen Mittel (z. B. der Erfinder- und Organisa-
torengedanke) dazu da, Ziele erreichen zu helfen. Die Z i e l e ge-
hören dem Geistesleben an (wenn wir vom rein Physiologischen —
Hunger befriedigt durch Nahrung usw. — absehen), daher der
Kulturgeschichte, nicht der Wirtschaftsgeschichte; anders die Mittel.
D u r c h d i e w e c h s e l n d e n g e i s t i g e n M i t t e l , w e l -
c h e d i e W i r t s c h a f t j e w e i l s e n t h a l t , i s t d i e
W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t e
m i t
d e r
g e s a m t e n
G e i s t e s - u n d K u l t u r g e s c h i c h t e v e r k n ü p f t . Da-
durch wurden die Verschiedenheiten der geschichtlichen Wirt-
1
Vgl. unten S. 292 f.