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Soziologie, die von der „Wechselwirkung Einzelner“ ausgeht); und
zweitens davon: daß es nicht einzelne Menschen und deren einzelne
zusammentreffende Handlungen seien, welche die Wirtschafts-
erscheinungen von sich aus mosaikartig zusammensetzen, sondern
daß es die bestimmte L e i s t u n g in einem G a n z e n sei, wo-
durch Handlung oder Gut, Boden oder Maschine, Kapital oder
Arbeit erst zu w i r t s c h a f t l i c h e n Erscheinungen werden.
Dem einzelnen Wirtschafter ist von jeher, und schon in der Stein-
zeit, jeweils eine A u s g l i e d e r u n g s o r d n u n g schon vorge-
geben, und diese Ausgliederungsordnung der wirtschaftlichen Ganz-
heiten zu bestimmen ist die oberste Aufgabe der Volkswirtschafts-
lehre.
Durch diese Grundbegriffe der „Leistung“ des einzelnen Wirt-
schafters im Ganzen und der „Ausgliederungsordnung“ des Ganzen
(z. B. des Ganzen der Volkswirtschaft oder des Betriebes) erhält
die Volkswirtschaftslehre eine völlig andere methodologische Natur
als bei den sogenannten Klassikern. Mit diesen Grundbegriffen
wird dem Begriffe der angeblichen K a u s a l i t ä t u n d d e r
Q u a n t i t ä t der Wirtschaftserscheinungen (der Güter und Preise)
das Begriffsverhältnis Ganzes : Glied entgegengesetzt, für welches
das Ganzheitliche und S i n n v o l l e und daher — mit herkömm-
lichen Ausdrücken zu sprechen — das Teleologische und das Norma-
tive grundlegend ist, letzteres nicht als subjektives Wunschbild,
sondern als objektiv Richtiges gefaßt. Die G e s e t z e der Wirt-
schaft sind daher keine Naturgesetze, sondern logische Gesetze.
Das S i n n v o l l e , G e i s t i g e d e r W i r t s c h a f t i s t
n i c h t q u a n t i f i z i e r b a r . Jede geistige Leistung ist unquan-
tifizierbar wie auch unverbrauchlich. Während ein Stück Brot ver-
braucht ist, wenn es verwendet (gegessen) wurde, kann z. B. jede
Erfindung, jeder Handelsvertrag, jeder Organisationsgedanke ein-
mal oder milliardenmal angewendet werden. Auch ein Lied kann
von einem oder von Tausenden Menschen gehört, ein Buch von
einem oder vielen gelesen werden und so fort. Die ganzheitliche
Volkswirtschaftslehre lehrt das G e i s t i g e i n d e n s t o f f -
l i c h e n W i r t s c h a f t s g ü t e r n a u f l e u c h t e n zu sehen,
z. B. den Erfindergedanken in der Schiffsschraube, in dem Gute, das
über den Ozean kommt, den Züchtergedanken der Sorte in dem
Apfel, den der Obstbauer erzeugt.