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ist Kredit kein Tausch-, sondern ein Erzeugungsvorgang und schließt in

der Tat auch Schöpfung neuen Kapitals in sich, natürlich nur bei gelun-

gener Wirtschaftserweiterung, nicht bei mißlungener und nicht bei Ver-

brauchskredit;

(5) den V o r r a n g der hinausleihenden vor der hereinleihenden Wirt-

schaft;

(6) den K a p i t a l z i n s , der aus dem Neuen, der Wirtschaftserweite-

rung, an die hinausleihende Wirtschaft ihrem Vorrang gemäß bezahlt

wird;

(7)

die „Stellvertretung der künftigen Zahlung“ durch ein Zahlungs-

versprechen, das in Umlauf zu kommen fähig ist. Der Umlauf, das heißt

die mit ihm schließlich gegebene Geldschöpfung, gründet sich auf die statt-

findende Wirtschaftserweiterung, nicht auf den Schuldner allein (Law),

aber auch nicht auf den Gläubiger allein (Mill, Metallismus; reine Waren-

deckung des Kredites; Smithens Lehre, wonach Geld durch Arbeitsteilung,

also n a c h den fertigen Gütern entstanden wäre);

(8)

endlich kommt hinzu, daß das Vertrauen des Gläubigers in den

Schuldner und die zugehörigen Rechtsmittel, das Wechsel- und Kredit-

recht, nicht nur „Voraus- / Setzung“ für den Kredit, sondern mehr, näm-

lich zugleich aktiv gestaltendes Mittel bei diesem Wirtschaftsvorgange

sind, nämlich „Kapital höherer Ordnung“.

1

VI.

Das physiokratische Lehrgebäude

A.

Darstellung der Lehre

Trotz der mannigfachen Kritik, die dem Merkantilismus wider-

fuhr, war eine neue geschlossene Lehre, die sich ihm entgegen-

gesetzt hätte, nicht herangereift. Eine solche schuf erst F r a n c o i s

Q u e s n a y , der eigentliche Begründer der Volkswirtschaftslehre

als systematischer Wissenschaft und zugleich Stifter des wirtschafts-

wissenschaftlichen Individualismus, welcher den bezeichnenden Na-

men „Physiokratie“, das heißt Naturherrschaft, erhielt.

Francois Quesnay wurde 1694 als Sohn eines Landarbeiters bei Ver-

sailles geboren. Frühzeitig des Vaters beraubt, erlernte er erst in seinem

elften Jahre von einem Gärtnergehilfen das Lesen, kam mit 16 Jahren

zu einem Wundarzt in die Lehre, bald darauf als Graveurlehrling nach

Paris. Während seiner fünfjährigen Lehrzeit trieb er für sich naturwis-

senschaftliche und medizinische Studien, so daß er sich 1717 als geprüfter

Wundarzt niederlassen konnte. 1749 wurde er Leibarzt der Pompadour

und Ludwigs XV. — Hauptschriften: Tableau économique, 1758; Maximes

1

Vgl. Walter Heinrich; Krisenlehre, Jena 1928; Wirtschaftspolitik,

I, 1948, 2. Aufl., Berlin 1964. — Richard Störck: Die ständische Kredit-

verfassung, Berlin 1931.