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wirtschaftet dadurch mit Gütern, die er selbst nicht besitzt, sondern erst

in Zukunft bezahlen wird. Seine jetzige Wirtschaft wirft damit gleich-

sam ihren Schatten voraus, sie wirkt in die Zukunft. Und noch mehr:

Diese Wirkung in die Zukunft kann sich nun auch weiterhin fortpflanzen.

A kann einen C, C einen D mit dem Schuldversprechen des B bezahlen,

z. B. indem er den Wechsel oder Scheck „giriert“, „indossiert“, das heißt

den Anspruch überträgt. C, D ... werden allerdings den Zinsverlust, der

dadurch entsteht, daß der Wechsel erst in einigen Monaten wirklich ein-

gelöst werden wird, abziehen („Diskont“); aber die entscheidende Tat-

sache: daß die G e s c h ä f t s f r e u n d e d e s A m i t d e n S c h u l -

d e n d e s B s c h o n u n t e r e i n a n d e r i h r e S c h u l d e n b e z a h -

l e n , bleibt aufrecht. — Noch eine letzte Steigerung dieser Erscheinung

kann eintreten, wenn jener D eine N o t e n b a n k ist und dem C den

Wechsel mit Banknoten abkauft, die aus der Notenpresse kommen, das

heißt, ihm wieder Schuldversprechen gibt, die weiterhin als Geld umlau-

fen. Der Kredit des B sowohl wie der der Bank wirkt da — im Wechsel

und in den Banknoten — fort, wird sozusagen materialisiert und be-

nimmt sich eine Zeitlang wie Geld. Ist er a b e r w i r k l i c h G e l d ,

k a n n K r e d i t w i r k l i c h s e l b s t K a p i t a l w e r d e n ? Das ist

die Frage, die hier theoretisch entsteht und ohne deren Beantwortung

das ganze neuzeitliche Kredit- und selbst das Geldwesen nicht völlig

verstanden werden kann.

Gehen wir dem Satze auf den Grund: mit meinen Schulden bezahlen

sich meine Freunde ihre Schulden. Es heißt das nicht nur: (a) mit mei-

nem Zahlungsversprechen (was nur die rechtliche Seite des Vorgangs ist),

sondern (b) auf Grund der Unterlage desselben: des mir wirklich über-

lassenen Kapitals. Meine Freunde zahlen also genau gesagt nicht mit

Kredit im Sinne leerer Versprechungen ihre Schulden, sondern mit sol-

chen Versprechen, hinter denen der empfangene Wert und außerdem

auch die n e u e F r u c h t b a r k e i t e i n e r n e u g e s t i f t e t e n

W i r t s c h a f t s g e m e i n s a m k e i t steht, durch welche die verlei-

hende Wirtschaft zur Bildung von Überschüssen, die nutzende zur Er-

weiterung der Wirtschaft angereizt wird. W i r d e i n K r e d i t p a p i e r

U m l a u f s m i t t e l , s o w e r d e n a l s o i n W a h r h e i t n i c h t

S c h u l d e n m i t S c h u l d e n ( f i k t i v e n W e r t e n ) b e z a h l t , son-

dern mit einem beim Schuldner hinterlegten Kapital, erhöht durch eine

f r u c h t b a r e W i r t s c h a f t s e r w e i t e r u n g , verbürgt durch eine

neu entstandene Wirtschaftsgemeinschaft.

Das also ist der richtige Kern der Lawschen Lehre: 1. daß der

Kredit zwar kein schlechthin neues Kapital ist, sondern doch auf

altem beruht; aber 2. doch etwas N e u e s hinzukommt, indem

nämlich das alte Kapital durch die Übertragung in eine andere

Wirtschaft auf neue Weise nutzbar gemacht wird, was die Stiftung

einer neuen Gemeinsamkeit zwischen ersparender und / nutzender

Wirtschaft bedeutet, wobei aber die verleihende den Vorrang be-

sitzt. In d i e s e r Ü b e r t r a g u n g u n d d e r m i t i h r g e -

s t i f t e t e n n e u e n W i r t s c h a f t s g e m e i n s

a m k e i t u n d