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Schuldners. So James Steuart

1

, Jean Baptiste Say, Rau

2

, Nebenius, Hilde-

brand und andere; oder wenn Kredit als „Aufschub der Zahlung“ er-

klärt wird, so Mangoldt

3

. (Anders, wenn das „Vertrauen“ als aktiv ge-

staltendes Mittel der neuen Wirtschaftsge- / meinschaft zwischen Verlei-

her und Leihendem behandelt wird, wie zum Teil von Adam Müller.)

Die 2. Gruppe: Gegen jene Erklärungen hat John Stuart Mill nicht

unrichtig gesagt: „Kredit ist nur die Erlaubnis, das Kapital einer anderen

Person zu benützen... Kredit ist niemals... mehr als die Übertragung

von Kapital aus der einen Hand in die andere.“

4

Ähnlich vorher Smith

und Ricardo, später alle Neuliberalen (Dietzel und viele andere). Diese

Begriffsbestimmung ist zwar nicht falsch, aber sie behandelt 1. den Kre-

dit nur als Tausch und übersieht 2. die neue, fruchtbarere Gemeinsam-

keit, die der Kredit stiftet, sie übersieht daher die R e i c h t u m s v e r -

m e h r u n g , die im gelungenen Kredit liegt, weshalb sie endlich 3. den

zweiten Akt, die Zahlung, welche in die Zukunft fällt, vernachlässigt.

Dieser zweite Akt ist aber wichtig, weil die Forderung (z. B. Wechsel) auf

die Zahlung stellvertretend so in den Geldumlauf eingehen kann, als

wäre sie die Zahlung selbst. — Eine verwandte Bestimmung gibt K n i e s

5

,

der neben der Kapitalübertragung noch auf das Zeitmoment (das Ausein-

anderfallen der beiden Glieder des Tauschaktes) hinweist. Nach ihm ähn-

lich Böhm-Bawerk.

Die 3. Gruppe ist mit Law und MacLeod bezeichnet, denen Kredit nicht

eine Übertragung von Kapital ist, sondern die in der Forderung als solcher

eine bestimmte Art i m m a t e r i e l l e n K a p i t a l s , also ein neues,

„additioneiles“ Kapital sehen. — Ähnlich neuerdings Hahn

6

.

4. Universalistische Kreditlehre. Nach unseren früheren Darlegungen

ist keine dieser Begriffserklärungen vollständig, aber alle enthalten

wichtige Bestimmungsstücke. Fassen wir alles zusammen, so finden wir

im Begriffe des Erzeugungskredites folgende Merkmale:

(1)

die Überlassung von Geld (Realkapital);

(2)

den späteren Zeitpunkt der Rückzahlung;

(3)

eine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen verleihender und nutzen-

der Wirtschaft, was

(4)

ein Neues, Schöpferisches in sich schließt, nämlich eine Wirtschafts-

erweiterung durch erhöhte Nutzung des übernommenen Kapitals in der

hereinleihenden gegenüber der hinausleihenden Wirtschaft; i n s o f e r n

1

James Steuart: An Inquiry into the Principles of Political Economy,

London 1767; deutsch: Untersuchung über die Grundsätze der Volkswirt-

schaftslehre (= Sammlung sozialwissenschaftlicher Meister, Bd 14—16),

Jena 1913 f.

2

Karl Heinrich Rau: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (Lehrbuch

der politischen Ökonomie, Bd 1), 1826, 8. Aufl., Heidelberg 1869.

3

Hans Karl Emil von Mangoldt: Grundriß der Volkswirtschaftslehre,

Stuttgart 1863.

4

John Stuart Mill: Principles of Political Economy, book 3, chapter 11.

5

Karl Gustav Adolf Knies: Der Kredit (Geld und Kredit, Bd 2), Ber-

lin 1879.

6

Ludwig Albert Hahn: Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits

(1920), 3. Aufl., Tübingen 1930.