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Ist das Werk ganz verloren? Ja und nein! Als Werk und Zeit ist

es verloren, aber die Frucht des Werkes im Innern des Geistes bleibt.

Und damit sind wir auf das Entscheidende, die Vertiefung des

Geistes zurückgekommen. Schon im Verwirklichen zwar wird das

Werk entwirklicht; aber der Wirkende wird gestärkt, veredelt, ver-

tieft — und damit haben wir, was der Gang des Geistes in der Ge-

schichte ist. Der Geist altert nicht. Wie die Morgenröte ewig jung

bleibt und die Erde in den Tag hinein / entläßt, so der Geist im

Vergleich zum Leibe. Altern kann die Zunge, die spricht, altern der

Leib, der des Geistes Werk und Werkzeug ist; aber der Geist selbst

kann nicht altern. Solange er im Leibe ein williges Werkzeug hat,

solange schreitet er fort im Schöpfertume. Der Geist, der nicht fort-

schreitet, stockt; dann haben wir den Philister vor uns. Wohl ist es

übermenschlich, nie stehen zu bleiben, immer ganz lebendig, ganz

schöpferisch zu sein. Aber dieses Stehenbleiben ist trotzdem Fehl-

umgliederung, Verfall. Darum kann der innere Mensch stehen blei-

ben, geistig starr werden, während der Körper dabei blüht. Der

Geist kann schon in der frühen Jugend des Körpers stocken, inner-

lich altern, während sein Körper noch wächst und gedeiht. Solches

Stocken ist aber seine eigene Tat. Seinem inneren Wesen entspricht

es nicht, sondern widerspricht es. Das geschieht nach Weise der Un-

vollkommenheit. Wenn der Geist nach Weise der Vollkommenheit

in innere Umgliederung fortgeht, Rücknahme und Ausgliederung

einander folgen (die neue Rücknahme und darauf folgendes Schauen

auf das früher gesetzte Tun folgt), dann altert er nicht, er verein-

facht sich im Schauen, er reduziert sich immer neu, er schlägt immer

tiefere Wurzeln, sammelt sich immer mehr, wird immer mächtiger.

Darum erlangt der große Meister in seinen Spätwerken die größte

Vollkommenheit, während der Leib schon verfällt.

C. Ein E i n w a n d

Indessen liegt hier ein Einwand nahe, der geprüft werden will.

Unsere Behauptung war (so läßt es sich auch ausdrücken), daß ein

gesammelteres, stärkeres Inneres zurückbleibt, nachdem sich der

Geist im Tun des Werkes „entäußert“, entledigt hat. Steht aber

dem, so könnte man einwenden, nicht die Erfahrung entgegen, daß