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Vorrangsätze — für die einzelnen verweisen wir auf einen anderen
Ort
1
— lauten:
Geistige Gemeinschaft geht vor handelnder Gemeinschaft;
innerhalb der geistigen Gemeinschaften hat das Metaphysisch-
Religiöse (und Philosophische) den Vorrang. Im besonderen gilt:
Religion (Philosophie) ist vor Wissen; Wissen ist vor Kunst; Reli-
gion, Wissenschaft, Kunst ist vor Sittlichkeit und Recht;
/
innerhalb des Handelns hat das veranstaltende Handeln den Vor-
rang vor dem übrigen Handeln.
Daraus folgt im besonderen: Gezweiung ist vor Anstalt, aber
Anstalt ist vor Wirtschaft. Daher z. B.: Religion ist vor Staat; aber
Staat ist vor Kirche; Staat ist vor Wirtschaft.
Die höhere Stufe, sowohl der Gezweiung wie der Anstalt, geht
vor der niederen Stufe derselben Art.
Innerhalb der Anstalten hat der Staat den Vorrang (Staat ist vor
Kirche; Staat ist vor Schule; Staat ist vor Kunstorganisation — aber
Religion, Wissenschaft, Kunst ist vor Staat; Volkstum ist vor Staat).
Im Hinblick auf die Brüche und die daraus hervorgehenden Span-
nungen folgt der Satz: Die Brüche und Spannungen teilen die Vor-
ränge ihrer Gezweiungen und Anstalten.
Hiermit ist nicht nur das Verhältnis der Spannungen unterein-
ander bestimmt. Es ist auch aufs neue bestimmt, in welchem Sinne
Religionsgeschichte, Philosophiegeschichte, Kunstgeschichte, Sitten-
geschichte nur ein Vorfeld der Geschichte und doch auch das Erste,
das Um und Auf, der Kern aller politischen Geschichte ist. Auf
dieses Thema stoßen wir nun abermals im Zusammenhange der
Vorränge.
Nur insofern, als Geistiges in den Anstalten Staat, Kirche, Stand,
Familie w i r k s a m w i r d , nur insofern hat der Bruch und die
Spannung in der Geschichte Macht, nur insofern haben sie Umglie-
derungsmacht im Geschehen erlangt. Dabei ist es aber ein Unver-
brauchliches, das immer wieder in das anstaltliche Leben (durch die
Umwandlung der Gezweiungen hindurch) eingreifen, immer wieder
Geschichte machen kann. Die Gedanken Platons, die zu seiner Zeit
1
Vgl. meine Bücher: Gesellschaftsphilosophie, München und Berlin 1928, S. 74
und öfters [2. Aufl., Graz 1968, S. 117]; Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leip-
zig 1930, S. 435, 478, 479 f. und 521 ff. [4. Aufl., Graz 1969, S. 520 f., 568, 569 f.
und 615 ff.].