Table of Contents Table of Contents
Previous Page  5468 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 5468 / 9133 Next Page
Page Background

[262/263]

229

der Kulturdurchdringung. Davon gehören die ersteren drei Span-

nungen im Wesentlichen unmittelbar dem staatlichen Leben an

(mittelbar allerdings den geistigen Teilganzen); während die Kul-

turdurchdringung solche Spannungen umfaßt, die noch weit über

das Staatliche hinaus unmittelbar das Gesamtganze des Lebens be-

rühren.

1.

Innerer Umsturz

Der inneren Umstürze hatten wir bereits in verschiedenen Zu-

sammenhängen zu gedenken

1

, so daß wir uns hier auf eine ergän-

zende Bemerkung über jene Spannungen beschränken können, wel-

che mit dem Führerwechsel, den der Umsturz mit sich bringt, ver-

bunden ist.

Von den Umstürzen, die uns Thukydides im Peloponnesischen

Krieg erzählt, bis zu jenen von 1789 und der Nachkriegszeit, na-

mentlich des heutigen Rußland, sehen wir überall in offener oder

versteckter Form: Kaltstellung, Absetzung, Austreibung, Ausmor-

dung der alten Führerschicht (im heutigen Rußland machen allein

die Offiziere eine Ausnahme). Ganz abgesehen von der Rachsucht,

Grausamkeit, Sittenzerstörung, Entmenschung, die damit verbun-

den ist, entstehen durch diesen raschen Führerwechsel neue innere

Spannungen in den be- / troffenen Bereichen, und zwar einmal da-

durch, daß mit dem Führerwechsel mehr oder weniger stark die

Stetigkeit in der Führung abreißt; und sodann dadurch, daß ein

anders geartetes Führertum, nämlich unerzogenes, wildgewachsenes

Führertum, zuletzt sogar stark gemischt mit Verbrechern herauf-

kommt, das natürlich seine Aufgaben nicht erfüllen kann, und

dadurch neue innere Spannungen zu den schon im Umsturze an

sich gesetzten hinzufügt.

Wenn in Rußland z. B. die früheren Hochschulprofessoren nach

Entbehrlichkeit möglichst schnell beseitigt werden und rasch heran-

gebildete junge begabte Arbeiter an ihre Stelle treten, so ist es klar,

daß das Bildungsgut ganz einfach nicht erhalten, nicht fortgeleitet

werden kann, geschweige denn, daß die Wissenschaft weitergebildet

würde. Angenommen, der größere Teil dieser neuen, aus dem

1

Vgl. oben S. 176 und 182 f.