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[302/303]

B. Die S p a n n u n g e n a u s R a s s e u n d U m w e l t

Eine ausführliche Behandlung dieses Gegenstandes kann hier um

so mehr entfallen, als sie von den geschichtsphilosophischen Fragen

abführen würde. Außerdem dürfen wir auf unsere „Gesellschafts-

lehre“ verweisen

1

.

Wesentlich für unsere Geschichtsphilosophie ist nur die Ablehnung

des Rassenmaterialismus, wie er durch Gobineau zum ersten Male

lehrhaft begründet wurde; und ebenso die Ablehnung der Umwelt-

oder „Milieulehre“, wie sie in der Aufklärung üblich war und durch

die naturwissenschaftliche Soziologie mechanistischer Richtung be-

griffliche Ausbildung erfuhr.

1.

Die Menschenschläge

Wie Gobineau und seine Nachfolger alle Kulturen aus Rassen-

mischungen zu erklären, dabei als einzigen Träger der Kultur die

nordische Rasse zu verkünden, das muß als grelle Unwahrheit, die

vor der Geschichte nicht bestehen kann, bezeichnet werden. Die

Grundfrage des geschichtlichen Lehrbegriffes des Menschenschlages

der Rasse ist erst beantwortet, wenn ihre Entstehung erklärt ist. So-

lange das nicht gelungen ist, kann man nicht sagen, daß wir eine auf

die Geschichte anwendungsfähige / Rassentheorie hätten. — Die

Entstehung der Rassen ist materialistisch und überhaupt naturwis-

senschaftlich, das heißt mit dem ursächlich-mechanischen Verfahren,

nicht zu erklären. Die G e s c h i c h t e d e r R a s s e n m u ß

z u l e t z t s e l b e r i n G e i s t e s g e s c h i c h t e a u f g e l ö s t

w e r d e n . Das hat Schelling in seiner „Philosophie der Mythologie

und Offenbarung“ zum ersten Male versucht

2

und er hat damit

recht behalten. Wer aber von unseren neueren, heute so laut auf-

tretenden Rassenlehrern hat überhaupt Schelling gelesen, wer von

ihnen hat die philosophische Bildung, um ihn lesen zu können?

1

Vgl. mein Buch: Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leipzig 1930, über Rasse,

S. 262, 249 ff. und 464; ebendort über Umwelt, S. 146 f., 276 ff. und 287. [4. Aufl.,

Graz 1969, S. 317 ff., 432 ff. und 549; S. 182 ff., 336 ff. und 348],

2

Friedrich Wilhelm Josef von Schelling: Sämtliche Werke, Stuttgart 1856—

1861, Bd 11, 5. Vorlesung.