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Es gibt nur zwei letzte Möglichkeiten zur Erklärung des Entstehens der
Menschenschläge oder Rassen.
(a)
Die m a t e r i a l i s t i s c h e E r k l ä r u n g (oder auch die entwick-
lungsmechanische zu nennen) findet ihren bezeichnendsten Vertreter im D a r -
w i n i s m u s . Die Menschen entstehen darnach aus Tieren (Affenverwandten),
und zwar wahrscheinlich aus mehreren Arten, wodurch sich die Verschiedenheit
der Menschenschläge erklärt. Diese sogenannte „polygenetische“ Annahme liegt
der naturalistischen Erklärung jedenfalls am nächsten, wenn ihr auch die Mög-
lichkeit der Entstehung einer einzigen menschlichen Urform, aus der nachträg-
lich die Spielarten (Menschenschläge) hervorgingen, nicht gerade ausgeschlossen
ist. Daß die naturwissenschaftlich-materialistische Erklärung der Menschenschläge
für Geschichte und Gesellschaftslehre nicht in Betracht kommen kann, haben
wir oben angedeutet und an anderem Orte näher begründet
1
.
(b)
D ie n i c h t - n a t u r a l i s t i s c h e
E r k l ä r u n g der Menschen-
schläge. Sie kann zuletzt nur aus dem Verständnisse des Verhältnisses von Leib
und Seele erfolgen, das heißt dessen, was wir an anderem Orte die Gezweiung
höherer Ordnung (die Verbindung von Körper und Geist durch die immateriel-
len Wurzeln der Materie) nannten. Grundsätzlich folgt daraus wie bei jeder
Gezweiung ein Vorrang: der Vorrang des Geistes vor dem Körper. Dadurch
tritt die E i n h e i t d e r G a t t u n g hervor: Der e i n z e l n e M e n s c h
i s t n i c h t b l o ß d a s K i n d s e i n e r E l t e r n , s o n d e r n d e r g e -
s a m t e n G a t t u n g . Entscheidend ist hier folgender Umstand: Da die Ge-
zweiung höherer Ordnung nicht bei jedem menschlichen Einzelwesen (bei / der
Zeugung eines Menschen) von neuem selbständig einsetzt, sondern an Vorheri-
ges, nämlich an das Vorhandensein eines biologischen Erbstoffes (die Zeugung)
als Bedingung anknüpfen muß, also an v o r a u s g e g a n g e n e G e z w e i u n g
h ö h e r e r O r d n u n g — darum tritt kein u n m i t t e l b a r e r Vorrang des
Geistes vor der Stofflichkeit (der Erbmasse, der Rasse) ein, sondern nur ein
mittelbarer. Die schon v o r a u s g e g a n g e n e Gezweiung höherer Ordnung
schiebt sich als Inbegriff der Anknüpfungsmöglichkeit neuer Zeugungen an frü-
here, das heißt als T i e r g a t t u n g „ M e n s c h h e i t “ zwischen der geistigen
Gattung Menschheit und der äußerlichen stofflichen Welt ein.
Rasse ist jene geistige Vergangenheit der Völker, die einen körperlichen Nie-
derschlag gefunden hat.
Damit ist die Frage: Wie ging die Tiergattung Menschheit in mehrere Spiel-
arten oder Menschenschläge (Rassen) auseinander? grundsätzlich beantwortet.
Eine gewisse Verschiedenheit folgt aber schon aus der geschlechtlichen Ungleich-
heit : die G e s c h l e c h t l i c h k e i t d e r F o r t p f l a n z u n g b e d i n g t
e i n e
v e r h ä l t n i s m ä ß i g e
S e l b s t ä n d i g k e i t
d e r
E r b m a s s e
a l s T i e r g a t t u n g . Erst durch diese hindurch kann dasjenige G e i s t i g e
wirken, das von der Gezweiung höherer Ordnung herkommt. Die Verbunden-
heit des Menschen mit seiner leiblichen Naturgrundlage ist selbstverständlich
keine abstrakte, sondern eine konkrete: (α) die Geschlechtsgegensätze (Zeugung)
(β) die geistige Mitbestimmung und Abwandlung dieser Gegensätze ist es, wel-
che die Menschenschläge oder Rassen ergibt.
Zeugung kann nur sein, wo Tod ist. Ohne Tod braucht kein Wesen seinen
Fortbestand zu sichern. Zeugung ist Zeugnis des Todes. Zeugung ist aber auch
1
Vgl. mein Buch: Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 359 ff.
[4. Aufl., Graz 1969, S. 431 ff.].