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Handelns erscheint. Ebenso unerforschlich ist der Übergang von
der Einheit Gottes zur Vielfaltigkeit der Welt. Gott, das diffisivum
sui, das aus Güte sich Mitteilende, wie uralte Weisheit sagt — das ist
wohl das unübertreffliche Symbol.
Wir erkannten auch die Frucht dieser Berührung des Unmittel-
baren. Stärkung des Innerlichkeitsgrundes unseres Geistes, der Be-
rührungskraft, Eingebungskraft ist die Frucht.
Bedenkt man das, so erkennt man: Es liegt in der Verzeitlichung,
sieht man sie vom Verzeitlichten, dem Geschaffenen aus, durch
jene Stärkung eine Vertiefung, eine Annäherung an den Schöp-
fungsgrund, eine Ekstatisierung seines Zustandes in Ge- / zweiung;
sieht man sie vom schaffenden Grunde aus, vom Urgrunde, von
Gott aus und von den geistigen Gesamtganzheiten aus: ein Ansich-
ziehen, ein Einziehen des Geschaffenen, eine Angleichung an sich
selbst, an Gott. Das ist die endgültige Bestimmung des G a n g e s
d e r W e l t , nicht nur der Einzelnen, sondern, da jene Anglei-
chung überall nur Glieder der Gezweiung angleicht, auch des Ge-
samtganzen.
Dies ist kein kühner Schluß und kein Tappen im Dunkeln, son-
dern eine genaue, nüchterne Folgerung aus strengen, klaren Vorder-
sätzen, eine Schilderung des handgreiflich Gefundenen und Auf-
gedeckten.
In der entwickelten Auffassung der Zeit liegt zuletzt noch das,
was wir eine V e r b i n d u n g d e r Z e i t e n untereinander, eine
Kommunikation der Zeiten nennen könnten, nämlich eine innere
Einheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Eben weil in
der Verzeitlichung als Vermittelbarung des Unmittelbaren eine Be-
rührung des Zeitlosen stattfindet, eben weil das Verzeitlichte rück-
verbunden bleibt im überzeitlichen Grunde, ist die Einheit der
Zeiten möglich. Zeit darf nicht als einfacher Fluß von Gegenwart,
nicht als Stetigkeit des Jetzt begriffen werden. Indem das Über-
zeitliche stets durch die Gegenwart durchschimmert (oder, wie wir
sagten, Zeit nur auf dem Grunde des Überzeitlichen möglich ist),
ist sowohl Zukunft wie Vergangenheit in der Gegenwart enthalten,
eben das Überzeitliche, das weder ganz Vergangenheit noch ganz
Gegenwart sein kann. Wer Zeit verstehen will, muß die Vergangen-
heit in jeder Gegenwart begreifen, wovon wir schon oft sprachen;