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Vorgänge durch die Soziologen — haben wir überall E i n g e b u n g , U n m i t -

t e l b a r k e i t , g e i s t i g e S c h a u a l s G r u n d l a g e d e s z e r l e g e n -

d e n u n d v e r a r b e i t e n d e n B e g r i f f e s .

Nicht nur Begriffsschärfe, auch Erlebnistiefe ist nötig, um eine Philosophie

zu schaffen, aber ebenso, um sie zu verstehen.

Die Wahrheit kann man nicht ohne innere Vorbereitung, nicht ohne Aus-

bildung jener inneren Fähigkeiten erkennen, die für sie jeweils nötig sind. Jede

Wahrheit hat einen Schauungs- oder Erlebnisgrund, und dieser muß geweckt

werden; niemals kann der äußerliche, vermittelnde, diskursive Begriff für sich

allein entwickelt werden. P l a t o n k o n n t e s e i n e „ I d e e n “ , K a n t s e i n

„ A p r i o r i “ , F i c h t e s e i n e „ S e l b s t s e t z u n g “ , S c h e l l i n g s e i n

„ N a t u r l e b e n “ n i c h t r e i n b e g r i f f l i c h e r d e n k e n ! Alle diese

Begriffe wären dem bloß zerlegenden Denken unerschwinglich geblieben. Sie alle

mußten in ihrem Wesen erst erlebt, mußten in unmittelbarer Eingebung erfaßt

werden, bevor das diskursive Denken sie erklären und ermitteln konnte.

Nirgends ist es wichtiger als in der Philosophie, daß diese Natur der Wahrheit,

welche außer dem zerlegenden Begriffe noch eine Eingebung verlangt, verstanden

werde. Ohne Unterscheidung zwischen Eingebungsgrundlage und Begriff kann

man der Verwirrung in der Geschichte der Philosophie niemals Herr werden. /

Daher ist eine „Einführung“ in die Philosophie in jenem bloß darstellenden

Sinne, wie es etwa eine Einführung in die Pflanzenkunde oder Chemie gibt,

unmöglich. Die wahre Einführung in die Philosophie muß außer der äußeren

Kunde von den verarbeitenden Begriffswerken auch die Hinweise auf die Ein-

gebungen und Grunderlebnisse der Philosophien enthalten; damit auch den Ver-

such, die Grunderlebnisse im Jünger zu e r w e c k e n . Daß dies das Schwerste

sei, braucht nicht erst beteuert zu werden. Dazu gehört Schöpfertum, zu diesem

wieder die Berührung des Übersinnlichen und das reine Gemüt.

Ohne Schöpfertum, Glauben und Tugend wird jeder vergebens an die inneren

Pforten der Philosophie pochen.

Die Unterscheidung der Erlebnisgrundlage vom Begriffsgebäude wirft auch

auf den geschichtlichen W e c h s e l d e r S y s t e m e ein eigenes Licht.

Die E i n g e b u n g s t i e f e ist die Angelegenheit des Philosophen selbst,

obwohl auch sie natürlich nicht ohne Gemeinschaft möglich ist, die insbesondere

von dem Zustande der Religiosität der Zeit abhängt. Der B e g r i f f s g e h a l t

dagegen ist in hohem Maße von den jeweiligen Begriffsmitteln abhängig, welche

die gesamte Wissenschaft und Bildung einer Zeit dem Philosophen zur Verfügung

stellt. Je mehr eine Zeit und eine Bildung mit Geschichte durchtränkt ist, umso

unabhängiger ist der Philosoph von dem augenblicklichen Zustande und den

Schulen seiner Zeit. Denn er kann dann auf die gesamte Geschichte der Philo-

sophie greifen. Je ungeschichtlicher eine Zeit ist, umso mehr ist er auf den Zu-

stand dieser selbst angewiesen. Ungeschichtlich war die Zeit Kantens sowie die

Frühzeit von Fichte, Schelling, Hegel, Baader. Erst die Spätzeit der letzteren

eroberte wieder geschichtliche Weisheit, kraft der geschichtlichen Wendung,

welche, namentlich durch Schelling und Novalis, die Romantik und der deutsche

Idealismus nahmen.